„Sharknose V6 – Ferrari 156, Ferrari 246SP & Ferrari 196SP “, Autoren Jörg-Thomas Födisch, Rainer Roßbach, McKlein Publishing Köln, 2019 „312P – Ferraris vielleicht schönster Rennwagen“, Autor Gianni Agnesa, McKlein Publishing Köln, 2019



McKlein Publishing hat gerade zwei überragende Ferrari-Bücher herausgebracht. Aus Anlass der Besprechung dieser Bände soll kurz auf das in Köln beheimatete Verlagshaus eingegangen werden. 

Ende der 1970er Jahre gründete Reinhard Klein seinen auf Publikationen über den RallyeSport spezialisierten Verlag. Heute gibt es kaum eine Rallye-Zeitschrift oder ein RallyeBuch, das nicht auf das fast unerschöpfliche Bildarchiv Kleins zugreift. McKlein Publishing ist im Bereich der Illustration von Rallye-Veröffentlichungen klarer internationaler Marktführer. Da aber Bücher und Kalender über diese faszinierende Sparte des Motorsports allein keine sehr breite wirtschaftliche Grundlage bieten, wuchs das Sortiment von McKlein erheblich. Ausgangspunkt waren mehrere Bände über Deutschlands Motorsportlegende Walter Röhrl, die schließlich zu weiteren Rennfahrer-Biografien, Bildbänden und insbesondere auch Büchern in der Edition Porsche Museum führten, die weltweit Anerkennung fanden. Wer sich heute beim Kauf manchmal nicht ganz preiswerter Autobücher gerne beraten lässt, ist bei McKlein bestens aufgehoben. Reinhard Klein, seine Söhne Daniel und Sebastian sowie Mitgesellschafter Alexander Galitzki geben erforderlichenfalls gerne sehr offen Auskunft zu den im Rally- und Racing-Webshop angebotenen Büchern, so dass man nicht – wie bei großen und anonymen Webshops – erst einmal ins Blaue hinein bestellen muss. 

Der wegen der Front in Form einer Haifischmauls unter der Bezeichnung „Sharknose“ bekannte Formel-1-Ferrari 156 genießt gerade in Deutschland einen legendären Ruf, wäre doch der unvergessene Wolfgang Graf Berghe von Trips beinahe auf diesem Rennwagen erster deutscher Formel-1-Weltmeister geworden. Doch der tödliche Unfall beim Grand Prix von Italien in Monza 1961 besiegelte auf tragische Weise sein Rennfahrerschicksal. 

Das bereits durch mehrere Bücher zum Thema „Porsche“ bekannte Autorenduo JörgThomas Födisch und Rainer Roßbach hat nun die Geschichte des Sharknose-Ferrari und seiner beiden Ableger bei den Sport-Prototypen in dem Band „Sharknose V6 – Ferrari 156, Ferrari 246SP & Ferrari 196SP“ in beispielhafter Weise aufgearbeitet. 

Födisch und Roßbach gehen dabei chronologisch vor und dokumentieren nach den Vorworten von Mauro Forghieri und Helmut Zwickl zunächst auf etwa 280 Seiten die Entwicklung des Formel-1-Rennwagens 156 von 1960 bis 1962. Am Anfang steht unter dem Titel „Prologo“ eine geraffte Darstellung der gesamten 156-Historie, die der durch seine Formel-1-Jahrbücher und seine Beiträge für die ehemalige „rallye racing“ bekannte Achim Schlang verfasst hat. Es verdient besondere Hervorhebung, dass die Autoren anschließend auch die Vorentwicklungsstufe des Formel-1-Wagens ausführlich beschreiben, eines auf der Grundlage des früheren Ferrari-Formel-2-Motors entwickelten Mittelmotor-Monoposto, der bereits 1960, also ein Jahr vor der 1,5-Liter-Formel-1, in vier Rennen eingesetzt worden war. Bereits während dieser frühen Entwicklung legte Ferrari den Grundstein für den durchschlagenden Erfolg des 156 im Jahre 1961, weil die Italiener das Projekt eines 1,5-Liter Formel 1 nämlich unverzüglich in Angriff genommen hatten, während die englischen Konstrukteure noch hofften, die ungeliebte 1,5-Liter-Formel würde nicht Realität werden.

Den größten Raum des Buchs nehmen sodann die ausführlichen Berichte über alle 18 Rennen der Jahre 1961 und 1962 ein, an denen der Ferrari 156 teilgenommen hatte. Diese stammen fast ausschließlich von Jörg-Thomas Födisch, während sich Rainer Roßbach der Darstellung der Erprobung und der Technik der Wagen vor Beginn der jeweiligen Rennsaison widmet. 

Durch die in die Tiefe gehenden, in Englisch und Deutsch verfassten Texte, die auch unzählige Hintergrundinformationen enthalten, wird nicht nur deutlich, wie es zu der triumphalen Saison 1961 mit dem Titelgewinn durch Phil Hill gekommen war, sondern auch, aus welchen Gründen Ferrari bereits 1962 der erstarkten und modernen Konkurrenz aus England ziemlich hoffnungslos hinterherfuhr. Natürlich wird auch dem tragischen italienischen Grand Prix 1961 und einer Analyse des Unfalls von Graf Berghe von Trips angemessener Raum gegeben. Jörg-Thomas Födisch, der sich auch als Biograf des großen deutschen Rennfahrers durch mehrere Bücher einen Namen gemacht hat, ist gerade für diese Passagen prädestiniert. 

Wenn auch Ferrari das einzige Werk ist, das seit Beginn der Formel 1 1950 bis heute ununterbrochen an der Weltmeisterschaft teilgenommen hat, so schlug doch Enzo Ferraris Herz in besonderer Weise für die großen Sportwagenrennen und die bei diesen anzutreffenden GT-Wagen und Prototypen. So war es kein Wunder, dass der V6-Motor nicht nur als 1,5 Liter den Formel-1-Wagen antrieb, sondern mit Hubräumen von zwei und 2,4 Litern auch die bildschönen Prototypen 196SP und 246SP, die das Frontdesign in Form des Haifischmauls fortführten. Die Entwicklung und Rennhistorie dieser Boliden beschreibt Rainer Roßbach detailreich und würdigt dabei nicht nur die großen Langstreckenrennen der Sportwagen, sondern auch die Einsätze in der EuropaBergmeisterschaft, die Lodovico Scarfiotti 1962 auf einem 196SP für sich entscheiden konnte. Der Teil des Buchs über die ersten Mittelmotor-Prototypen Ferraris bei den Sportwagenrennen ist rund 70 Seiten lang und nicht etwa nur ein Annex der Formel-1- Dokumentation, sondern vielmehr ein ganz wesentlicher Bestandteil des gewichtigen Bandes. 

Rainer Roßbach ist es auch, der die in dieser Epoche bedeutsamen Ingenieure, Teamchefs und Rennleiter bei Ferrari in separaten Lebensläufen beschreibt. So erfährt der Leser anhand dieser Biografien zahlreiche Einzelheiten über das teaminterne Geschehen bei Ferrari. Der Bogen der Namen spannt sich von Dino Ferrari, Vittorio Jano, Carlo Chiti über Medardo Fantuzzi und Mauro Forghieri bis zu Romolo Tavoni und Eugenio Dragoni. 

Nicht weniger als 12 Rennfahrerbiografien – aufgezeichnet vom durch zahlreiche Formel1-Publikationen und seine Beiträge in „Motorsport Aktuell“ bekannten Hartmut Lehbrink – bereichern das Buch zusätzlich: beispielhaft seien hier Graf Berghe von Trips, Phil Hill, Richie Ginther, die Gebrüder Rodriguez, Olivier Gendebien, Lorenzo Bandini und Lodovico Scarfiotti aufgeführt. 

Nach einem Anhang mit den technischen Daten und Rennergebnissen der dokumentierten Rennwagen bilden zwei Berichte vom Wiederaufbau des für die belgische Ecurie Francorchamps ungewöhnlich in Gelb lackierten 156 mit der Chassis-Nr.002 und von der Herstellung zweier Repliken der Fahrzeuge von Phil Hill und Ricardo Rodriguez aus dem Jahr 1961 den Abschluss des Buchs. 

Überzeugt „Sharknose V6“ schon durch seinen abwechslungsreich verfassten und penibel recherchierten Text ohne jede Einschränkung, so wird dieser Band durch seine atemberaubende Illustration quasi „gekrönt“. Was hier in mehr als 450 Fotografien zusammengetragen wurde, ist fast unglaublich. Zahlreiche namhafte Bild-Archive sind mit Fotos vertreten, wie zum Beispiel Sutton Images, Jesse Alexander, das Historische Archiv Porsche, Klemantaski Collection, Peter Nygaard, Dr.Benno Müller und Rainer Schlegelmilch. Einen größeren Anteil der Ablichtungen stellen McKlein, die Trips-Stiftung, der Autor Jörg-Thomas Födisch und die Collection Alexis Callier. Hinzu kommen noch Fotos aus mehreren Privatsammlungen. Der entscheidende und überwältigende Anteil der Illustration stammt aber aus dem weltberühmten Cahier-Archiv. Paul-Henri Cahier hat dieses Archiv für das Buch weit geöffnet und aus dem riesigen Fundus seines 2008 verstorbenen Vaters Bernard Cahier nicht weniger als rund 210 Aufnahmen zur Verfügung gestellt, so dass es mehr als gerechtfertigt erscheint, Bernard Cahier als Fotografen auf dem Einband festzuhalten. 

Man weiß als Betrachter zuweilen gar nicht, was am meisten begeistert: die großartigen und zum Teil großformatigen und erstmals veröffentlichten Szenen aus den Rennen und vom Rande der Strecken, die ganzseitigen Porträtaufnahmen der Rennfahrer und Ingenieure oder die Ablichtungen der technischen Details der Fahrzeuge. Insbesondere die teilweise doppelseitigen Rennaufnahmen scheinen den Leser direkt an die Pisten der 1960er Jahre zurückzuversetzen, so plastisch und lebendig wirken sie. Das ist umso bemerkenswerter, als die technischen Möglichkeiten der Fotografie zu dieser Zeit nicht mit den Gegebenheiten der heutigen Digitaltechnik vergleichbar waren. Vielleicht gerade deshalb stechen einem die künstlerische Qualität und die atmosphärische Intensität der Fotografien besonders ins Auge, die durch eine fast durchgehende exzellente Reproduktion ins rechte Licht gesetzt werden. Auch soll nicht unbemerkt bleiben, dass es gelungen ist, erstaunlich viele farbige Aufnahmen aus einer Zeit zu publizieren, zu der die Schwarzweißfotografie dominierte. Ein besonderer Leckerbissen sind auch die insgesamt fünf Gemäldewiedergaben von Michael und Graham Turner. 

Der im großen quadratischen Format präsentierte Band ist bestens verarbeitet, in einem überaus attraktiven Layout gestaltet und wird durch einen festen Schuber geschützt. Als wäre ein ohne jede Einschränkungen zu empfehlendes Ferrari-Buch noch nicht genug, legt McKlein Publishing zeitgleich noch eine weitere Publikation zur Geschichte des italienischen Werks vor: „312 P – Ferraris vielleicht schönster Rennwagen“. 

1967 hatte Ferrari nach einer überaus spannenden Saison mit dem 330P4 die Internationale Meisterschaft der Sport-Prototypen hauchdünn für sich entscheiden können. Aufgrund einer Reglementsänderung blieben die Italiener dieser Meisterschaft 1968 fern und überließen das Feld den überlegenen Porsche und Ford GT40. Dies änderte sich 1969, als Ferrari mit dem bildschönen 312P zu den Sportwagen-Rennen zurückkehrte. Bisher gab es über dieses Fahrzeug, das werksseitig nur in sechs Rennen im Jahre 1969 eingesetzt worden war, kaum Literatur. Das ändert sich nun mit diesem Buch, das wirklich eine Lücke schließt.

Gianni Agnesa, der in Cagliari auf Sardinien lebende Ingenieur und Ferrari-Fan, ist tief in die Geschichte des 312P eingestiegen. In acht Kapiteln beschreibt er die Entwicklung und Rennhistorie sowohl der vom Ferrari-Werk gebauten Prototypen als auch des in den Folgejahren vom amerikanischen Team NART zum Teil umgebauten und fortentwickelten Wagens. 

Am Anfang des dreisprachig in Italienisch, Englisch und Deutsch verfassten Buches stehen zwei Interviews. Giacomo Caliri, ein aus Sizilien stammender Ingenieur, der in den 1960er Jahren für die Entwicklung zahlreicher Sport-Prototypen bei Ferrari zuständig war, erteilt Auskunft über die Überlegungen und die technischen Elemente, welche die Entstehung des 312P bestimmten. Dr.Peter Schetty, der mehrere Jahre lang bei Ferrari unterschiedliche Funktionen ausübte – vom Rennfahrer bis zum Rennleiter – und 1969 die Europa-Bergmeisterschaft auf dem Ferrari 212E gewinnen konnte, gibt seine Erinnerungen an die Testfahrten und Renneinsätze mit dem 312P wieder. 

Nach Kapiteln über die Entwicklung des Wagens auf der Grundlage des CanAm Spyders 612 und die Präsentation sowie die ersten nicht problemfreien Testfahrten in Modena und Monza folgt auf rund 90 Seiten eine ausführliche Dokumentation der Saison 1969 mit allen Testfahrten und Renneinsätzen. Der Ferrari 312P traf auf das gewaltige Werksteam von Porsche, das mehrere 908 an den Start brachte. War der italienische Rennwagen auch von der Geschwindigkeit her ein mehr als ernst zu nehmender Konkurrent, so warfen ihn doch technische Defekte oder Fahrfehler immer wieder zurück. Trotz beeindruckender Leistungen blieb ihm ein Sieg versagt. Daran änderte auch die bildschöne geschlossene Coupé-Variante nichts, die aus dem offenen Barchetta entwickelt worden war und von der zwei Exemplare an den 24 Stunden von Le Mans teilnahmen. 

Am Rande geht der Autor auch auf das vom 312P abgeleitete Design-Derivat 512 Special und auf die Entstehung des den 312P als Werkswagen 1970 ablösenden 512S ein. 

Sehr detailliert werden auch auf die Jahre 1970 bis 1974 beschrieben. Zunächst setzte das NART-Team 1970 und 1971 einen 312P in beiden Jahren in Daytona und Sebring und 1970 in Le Mans ein. Wenn auch gegen die 5-Liter-Werkswagen von Porsche und Ferrari chancenlos, befand sich der 312P doch regelmäßig unter den ersten zehn Fahrzeugen im Gesamtklassement. 1972 und 1974 reaktivierte Luigi Chinetti seinen dann modifizierten 312P nochmals, um ihn in Daytona 72 und Le Mans 74 einzusetzen. Ausgerechnet bei seinem letzten Rennen erzielten Andruet/Zeccoli mit dem 312P dessen bestes Ergebnis in Le Mans und kamen auf dem neunten Rang ins Ziel. Das achte Kapitel befasst sich mit dem für den Historischen Motorsport perfekt wiederaufgebauten Ferrari 312P, Chassisnummer 0872. Dieses restaurierte Fahrzeug verfügt über ein Echtheitszertifikat des Werkes und war bereits bei einigen Veranstaltungen zu bewundern. Das Buch schließt mit den technischen Daten des 312P und einer Rennstatistik sowie einer Übersicht der verfügbaren Modellautos und einer sehr informativen Bibliografie. 

In die Texte sind zahlreiche Kurzbiografien eingeschoben, so der beiden Ingenieure Caliri und Rocchi, des Pressesprechers und Ferrari-Vertrauten Franco Gozzi und von nicht weniger als 17 Rennfahrern wie Chris Amon, Clay Regazzoni, Derek Bell, Mario Andretti und Pedro Rodriguez, um nur einige dieser Piloten zu benennen. 

Gianni Agnesa hat seine Texte mit großer Akribie und erkennbarer Begeisterung für das Thema verfasst. Es wird deutlich, dass es ihm gelungen ist, bei seinem Vorhaben zahlreiche Informationen unmittelbar am Projekt Beteiligter einzuholen und auch die mediale Unterstützung des Werks zu erlangen. So liest sich der Band nicht nur spannend, informativ und abwechslungsreich, sondern zeugt auch von hoher Authentizität. 

Mit über 250 Fotografien ist das Buch bestens illustriert. Die Aufnahmen stammen u.a. aus den bekannten Archiven von McKlein Publishing, Motorsport Images, Actualphoto, Pete Lyons und Grand Prix Library. Auch Gianni Agnesa selbst hat einige Ablichtungen beigesteuert. Die teilweise großformatigen Bilder belegen eine gekonnte Motivauswahl und überzeugen auch durch eine einwandfreie Wiedergabequalität. Auch Liebhaber der technischen Details des 312P kommen voll auf ihre Kosten, insbesondere im Kapitel über die Restaurierung des Exemplars mit der Chassis-Nr. 0872. 

Das Buch ist bestens verarbeitet, verfügt über ein gutes Layout und wird durch einen Papp-Schuber geschützt.

Thomas  Nehlert

"Sharknose V6" und "312P“ - das sind zwei repräsentative Bände, die in die Bibliothek jedes Ferrari-Enthusiasten gehören. 

Sharknose V6 – Ferrari 156, Ferrari 246SP & Ferrari 196SP 

Verlag: McKlein Publishing 
Autoren: Jörg-Thomas Födisch & Rainer Rossbach 
Vorwort: Mauro Forghieri 
Fotos: Bernard Cahier Format: 29 x 29 cm, Hardcover im Schuber 
Seiten: 432 Fotos: über 450 Fotos 
Sprachen: Deutsch und Englisch Preis: € 124,90 
Vertrieb: RacingWebShop.com
ISBN: 978-3-947156-24-5 

312P – Ferraris vielleicht schönster Rennwagen
Verlag: McKlein Publishing 
Autor: Gianni Agnesa Format: 29,5 x 27 cm, Hardcover im Schuber 
Seiten: 264 Fotos: über 250 Fotos 
Sprachen: Deutsch, Englisch und Italienisch 
Preis: € 89,90 
Vertrieb: RacingWebShop.
com ISBN: 978-3-947156-19-1