Rezension Thomas Nehlert: Porsche 356 made by Reutter Frank Jung, Delius Klasing Verlag, Bielefeld, 2019

Auf 336 Seiten beschreibt Frank Jung, der Urenkel des Unternehmensgründers Albert Reutter, die Geschichte des Stuttgarter Karosserie-Werks Reutter, die intensive Verbindung zwischen Reutter und dem nach dem Krieg aufstrebenden jungen PorscheWerk sowie die Entstehung und Entwicklung des Porsche 356. 

Das Buch ist die zweite Auflage des 2011 erstmals erschienenen Bandes, im Format deutlich größer und durch weiteres Bildmaterial im Umfang erweitert. Bereits 2006 war aus Anlass des 100jährigen Jubiläums von Reutter die Publikation "Stuttgarter Karosseriewerk Reutter" von Uta und Helmut Jung - den Eltern des Autors - herausgekommen, wobei inhaltliche Überschneidungen dieser beiden Bücher zum besseren Verständnis der Zusammenhänge durchaus gewollt sind. Allerdings liegt der Schwerpunkt des hier besprochenen Bandes, wie schon der Titel erkennen lässt, auf der Geschichte des Porsche 356.

Jung stellt zunächst die Historie des Karosseriewerks von 1906 bis 1949 dar und beschreibt die Anfänge der Zusammenarbeit von Reutter mit dem Konstruktionsbüro Porsche anhand der Porsche-Typen 7, 8, 12, 32 und 60. Auf etwa 140 Seiten folgt die Dokumentation der Kooperation von Reutter und Porsche von 1949 bis 1964, die also die gesamte Produktionszeit des legendären 356 in all seinen Entwicklungsstufen bis zum Beginn der 911er-Herstellung umfasst. Dabei werden auch die elementaren Bezüge zur Firma Recaro nicht ausgelassen, deren Name sich aus den Begriffen "REutterCAROsserie"“ ableitet.

Ist schon dieser Abschnitt sehr reichhaltig illustriert, so schließt sich auf den anschließenden 110 Seiten nach einem Blick auf die Lehrwerkstatt des Unternehmens eine Bilddokumentation zur Produktion des 356 an, die ihresgleichen sucht. Bis ins Detail wird der Herstellungsprozess des 356 verfolgt und wiedergegeben. Schon allein wegen der Reproduktion dieser zeitgenössischen Aufnahmen in ganz erstaunlicher Qualität lohnt sich der Erwerb des Buchs. 

Aber auch die übrigen Fotografien und Abbildungen - insgesamt nicht weniger als über 700 - vermögen zu begeistern und zeigen ein ungewöhnliches Kapitel deutscher und insbesondere schwäbischer Industriegeschichte. Zahlreiche Fotos stammen aus dem privaten Reutter-Archiv und aus dem unerschöpflichen Fundus des Historischen Archivs von Porsche, dessen Leiter Frank Jung inzwischen ist. Sein Vorgänger in dieser Funktion, Dieter Landenberger – inzwischen Leiter von Heritage Volkswagen Communications - hat das Vorwort verfasst, mit dem er diesem Buch seine wichtige Position innerhalb der kaum noch überschaubaren Porsche-Literatur zuweist. In dem Zusammenhang ist ausdrücklich auf das im Anhang befindliche Literatur- und Quellenverzeichnis hinzuweisen, das dem Leser noch zusätzliche Erkenntnismöglichkeiten zu diesem automobil- und zeithistorisch interessanten Thema eröffnet.

Das Buch ist hervorragend verarbeitet und insbesondere in dieser zweiten überarbeiteten Auflage auch im Layout attraktiv und modern gestaltet.

Thomas Nehlert

Porsche 356 made by Reutter Autor: Frank Jung 
Verlag: Delius Klasing 
Verlag, Bielefeld, 2019 
Format und Umfang: Hardcover , 23,5 x 27 cm, 336 Seiten, über 170 Fotos 
Text: Deutsch 
Preis: € 49,90 
ISBN: 978-3-667-11585-0 
Überall im Buchhandel erhältlich

Rezension Thomas Nehlert: IMSA 1969-1989 – The Inside Story of how John Bishop built the World‘s Greatest Sports Car Racing Series Mitch Bishop and Mark Raffauf, Octane Press, USA, 2019

Angesichts des Niedergangs der großen Prototypen-Klasse LMP1 bei den Sportwagen-Rennen in der World Endurance Championship und der Konzeptionslosigkeit der Fédération International de l‘Automobile (FIA) fragt man sich, weshalb es die amerikanischen Veranstalter von Sportwagenrennen schaffen, hervorragenden Motorsport zu bieten, der erkennbar auch eine bemerkenswerte Zukunftsperspektive hat. Nun, es war indes nicht immer so, denn zu den Zeiten, als sich die American Le Mans Series und die GrandAm Series gegenseitig Konkurrenz machten, war diese Kategorie des Motorsports auch in den USA in eine Krise geraten. Erst die Zusammenführung der beiden Championate in der IMSA WeatherTech Sportscar Championship mit der attraktiven und kostengünstigen DPI-Klasse für Prototypen brachte eine Wende zum Guten. Mit der Wiederbelebung der IMSA Series wurde an eine große Tradition im amerikanischen Motorsport angeknüpft. 

Wer sich für die Entstehung der „International Motor Sport Association“ (IMSA) und deren erste Blütezeit interessiert, ist mit diesem grandiosen und gewichtigen Buch hervorragend bedient. Die Autoren Mitch Bishop und Mark Raffauf sind mit der IMSA auf unterschiedliche Weise eng verbunden. Mitch Bishop ist der Sohn von John Bishop, der die aus dem „Sports Car Club of America“ (SCCA) hervorgegangene IMSA zusammen mit seiner Ehefrau Peggy und mit dem Vater der NASCAR Series, Bill France Sr., 1969 gegründet hatte. Mark Raffauf ist seit 1974 für die IMSA bis hin in leitende Funktionen tätig gewesen und bekleidet noch heute die Funktion eines Senior Directors.

Das großformatige Buch ist chronologisch in 12 Kapitel untergliedert. Der erste Abschnitt stellt sich als interessante Zeitreise in die Geschichte der Familie Bishop während der letzten 100 Jahre dar und verdeutlicht die bereits sehr frühe und intensive Verbindung zur Fliegerei und zum Motorsport. Anschließend wird auf rund 15 Seiten die Entwicklung der zunächst ausschließlich von privater Seite betriebenen Rennen mit Sportwagen in den USA unter dem Banner des SCCA dokumentiert. Angesichts des Interesses mehrerer Automobilwerke an dieser Sparte des Autosports musste die Organisation der Sportwagenrennen neu geordnet werden. Dies führte schließlich 1969 zur Gründung der IMSA, deren erste Rennen aber erstaunlicherweise Läufe mit Fahrzeugen der Formel Ford waren. 

Die entscheidende Rolle bei den Rennen der IMSA Series spielten zunächst für lange Zeit die GTFahrzeuge und auch die Tourenwagen. Nicht zuletzt um eine Dominanz der Porsche zu verhindern, waren anfangs Turbo-Motoren verboten. Nachdem aber die 12 Stunden von Sebring und die 24 Stunden von Daytona als Amerikas größte Sportwagen-Rennen in die IMSA Series aufgenommen worden waren, musste auch das Regelwerk entsprechend angepasst werden. Der Weg führte in mehreren Schritten bis zur GTP Klasse, die – grob umschrieben – der Gruppe C entsprach, aber auf eine Begrenzung des Treibstoffverbrauchs verzichtete. Zweifellos war die Epoche mit diesen mächtigen Prototypen von 1981 bis 1993 die große Blütezeit der IMSA Series. Die bei den Gesamtsiegen dominierenden Marken waren Porsche, Jaguar, Nissan und Toyota.

Das Buch deckt diese Ära bis zum Jahr 1989 ab, da sich die Eheleute Bishop in diesem Jahr aus gesundheitlichen Gründen zurückzogen. Selbst wer meint, sich im US-Motorsport schon ganz gut auszukennen, wird hier immer wieder neue Informationen entdecken. Mitch Bishop und Mark Raffauf haben unendlich viel Material gesichtet und ausgewertet, Hintergrundgeschichten ans Licht gebracht und eigene Erfahrungen einfließen lassen. Ihre Schilderungen beschränken sich nicht nur auf das Renngeschehen, die teilnehmenden Fahrzeuge und Fahrer, sondern gehen auch detailliert auf das sich mehrmals verändernde Regelwerk ein und auf die Erwägungen, die zu den jeweiligen Reglementsänderungen führten. In vielen Kapiteleinschüben befassen sich die Autoren mit besonders bemerkenswerten Rennwagen der IMSA Series, mit außergewöhnlichen FahrerPersönlichkeiten und auch mit einzelnen Hintergrundaspekten.

 Fast wie ein Krimi liest sich das zehnte Kapitel, das die kriminellen Aktivitäten einiger Teamchefs und Fahrer beleuchtet. Da Motorsport nun einmal teuer ist, hatten sich einige der Beteiligten das Geld durch Drogenhandel beschafft, so dass die IMSA zeitweise scherzhaft als „International Marijuana Smugglers Association“ bezeichnet worden war. Den inhaltlichen Abschluss des Buchs bildet eine siebenseitige Meisterschaftsstatistik, die nicht nur die jeweilige Spitzenkategorie der IMSA Series abbildet, sondern auch die entsprechenden Unterklassen. Dazu kommen noch eine Bibliografie und ein Index. 

Das alles liest sich überaus spannend, die Texte sind von höchster Kompetenz bis ins letzte Detail und dazu auch noch abwechslungsreich. Nicht minder begeisternd ist die Illustration. Rund 360 Fotos zeigen die IMSA-Rennen von allen Seiten: Rennaction, fantastische Fahrzeuge, gute FahrerPorträts. Zahlreiche Aufnahmen sind in wirklich großem Format, teilweise doppelseitig, gehalten und vermitteln eine dichte und prickelnde Atmosphäre. Der Band ist bestens verarbeitet und auf hochwertigem Mattglanzpapier hergestellt. Ordentliche Englischkenntnisse sind allerdings schon erforderlich, wenn man den Inhalt dieses Buchs über die herrlichen Bilder hinausgehend genießen  möchte.

Thomas Nehlert

IMSA 1969-1989 – The Inside Story of how John Bishop built the World‘s Greatest Sports Car Racing Series 

Autoren: Mitch Bishop, Mark Raffauf 

Verlag: Octane Press, USA, 2019 

Format, Umfang: Hardcover, 30,5 x 27,5 cm, 372 Seiten, 360 Fotos 

Text: Englisch Preis: € 94,90 

ISBN: 978-1-937747-89-3 

Vertrieb: RacingWebShop.com möchte. IMSA