Mit vier Meisterschaftstiteln, 93 Rennsiegen und 805 Starts zählt Jeff Gordon
zu den vier erfolgreichsten Rennfahrern des NASCAR Cups. Sein Rücktritt vom
Rennsport hinterlässt eine Lücke, die nicht einmal von seinem Freund, dem
inzwischen siebenmaligen Titelträger Jimmie Johnson, vollkommen ausgefüllt
wird. Denn Gordons Bedeutung und Verdienst gehen weit über seine Karriere
als Racecar Driver hinaus. Sein viele Millionen Dollar schweres soziales
Engagement für krebskranke Kinder und bedürftige ältere Menschen in den
USA und für das Center for Global Cancer Medicine in der dritten Welt
kennzeichnet ihn als einen weltoffenen Amerikaner mit Blick weit über die
eigenen Grenzen hinaus, der im besten Sinne "open minded" und ohne
Übertreibung eine echte Lichtgestalt ist.
Aus Anlass des Endes seiner Rennfahrerkarriere hat der namhafte Journalist
der "New York Times", Joe Garner, diese Biografie verfasst. Garner konnte
dabei auf eine sehr vertrauensvolle Unterstützung durch Gordon bauen, so
dass dieses Buch die einzige von dem aus Kalifornien stammenden Rennfahrer
autorisierte Biografie ist, die auch erkennbar seinen persönlichen Einfluss
erkennen lässt. Das Vorwort stammt von Tom Cruise, einem bekennenden
NASCAR-Fan, der in dem legendären Film "Days of Thunder" die tragende Rolle
des Rennfahrers Cole Trickle gespielt hatte. Einer von Jeff Gordon selbst
verfassten Einführung folgen 14 Kapitel, die den Lebensweg und die Laufbahn
von Jeff Gordon voller Details und überaus spannend dokumentieren.
Jeff Gorden Foto: Thomas Nehlert |
Das fängt bei der Kindheit Gordons und den schwierigen Umständen im Haus
seines leiblichen Vaters - dem er übrigens äußerlich wie aus dem Gesicht
geschnitten ähnelt - an und setzt sich über die Entwicklung bei seinem
Stiefvater John Bickford und seiner Mutter Carol Gordon fort. Bickford
unterstützte Gordons motorsportliche Ambitionen von früher Kindheit an.
Ausführlich wird sein Aufstieg von den Quarter Midgets über die Sprint Cars
und die Midgets beschrieben. Schon als Fünfjähriger konnte Jeff seine ersten
Rennsiege erzielen, im zarten Alter von acht Jahren gewann er die nationale
Meisterschaft der Quarter Midgets. Es folgte der Aufstieg in die Busch Series,
die quasi als zweite Liga der NASCAR Stock Car Rennen anzusehen war. Im
Ford-Team von Bill Davis gelangte er auch dort schnell zu Ruhm, bevor er zur
Saison 1993 zu Hendrick Motorsports wechselte und fortan mit seinem
Crewchief Ray Evernham im Chevrolet der NASCAR Cup Series für Jahre seinen
Stempel aufdrückte. 1995, 1996, 1998 und 2001 wurde Gordon Meister.
Anschließend verpasste er das Ziel weiterer Titelgewinne aus den
unterschiedlichsten Gründen, u.a. aber auch aufgrund des 2004 eingeführten
Chase-Systems, das das über eine gesamte Saison erbrachte Leistungsbild
zuweilen auf den Kopf stellt. Ausführlich wird auch Gordons letzte volle
Rennsaison 2015 mit all ihren emotionalen Höhepunkten bis zu seinem letzten
Sieg in Martinsville und dem berührenden Festakt auf der NASCARJahresabschlussfeier
beschrieben. Zudem erfährt Gordons von fast
beispielloser Großzügigkeit geprägtes soziales Engagement, das ihm den
höchsten Respekt der US-Präsidenten Clinton und Obama einbrachte, eine
angemessene Würdigung.
Joe Garner geht nicht nur auf die Rennen von Gordon ein, sondern auch sehr
ausführlich auf das Hintergrundgeschehen. So erfährt man die Motive und
Gründe für den Wechsel zu Hendrick Motorsports und über Gordons Emotionen
in diesem Zusammenhang. Ebenfalls werden die Überlegungen zur Auswahl
der Ray Evernham nachfolgenden Crewchiefs beschrieben. Man erhält auch
einen Einblick in den durch Gordon geförderten Aufstieg Jimmie Johnsons. Und
schließlich erfährt der Leser auch sehr deutlich und nachvollziehbar, welche
Erwägungen zum Karriereende Gordons als Rennfahrer führten. Dabei kommt
durchgehend auch Jeff Gordon selbst zu Wort, so dass sich das Buch fast als
Autobiografie des Kaliforniers liest und ein kaum zu übertreffendes Maß an
Authentizität vermittelt. Inhaltlich endet das Buch auf dem Stand von
Dezember 2015, so dass natürlich die acht Rennen, in denen Gordon 2016
noch einmal in Vertretung des erkrankten Dale Earnhardt Jr. ins Lenkrad griff,
keine Berücksichtigung mehr finden konnten. Übrigens ist das Buch auch aus
anderem Grund nicht mehr ganz aktuell, denn Jeff Gordon fügte seinen
zahlreichen Erfolgen Ende Januar 2017 zusammen mit drei anderen Piloten
noch einen Triumph bei den 24 Stunden von Daytona hinzu, die er mit einem
Cadillac-Prototypen für sich entscheiden konnte.
In den unzähligen Gesprächen mit dem Autor hat sich Gordon sogar auch zu
seinen privaten und familiären Verhältnissen geöffnet. Man erfährt zahlreiche
Einzelheiten über sein Elternhaus, über die schwerwiegenden Probleme in
seiner ersten Ehe, die unschönen Umstände seiner Scheidung und das
erkennbare Glück, das er seit Jahren mit seiner zweiten Ehefrau, der Belgierin
Ingrid Vandebosch, gefunden hat. Und deren zwei Kinder Ella und Leo sind
nicht nur der ganze Stolz der Eltern, sondern auch – wie in den USA üblich –
häufig Bestandteil der öffentlichen Auftritte Jeff Gordons.
Ich habe selten eine Biografie gelesen, die einen so tiefgehenden Einblick in die
Karriere und das Privatleben eines berühmten Rennfahrers gewährt. Garner
versteht es bestens, durch flüssige Schreibweise und spannende Aufbereitung
den Leser so mitzureißen, dass man die knapp 200 Seiten des Buchs nach
Möglichkeit in einem Zug durchliest. Den inhaltlichen Abschluss des Buchs
bildet eine persönliche Beschreibung der zehn Lieblingsrennstrecken Gordons.
Das Layout des Bandes finde ich persönlich sehr gelungen, die Verarbeitung ist
gut, das hochwertige Mattglanzpapier bildet eine hervorragende Grundlage für
die einwandfreie Reproduktion der insgesamt etwas über 260 Fotos. 18
Aufnahmen, darunter einige eindrucksvolle Porträtbilder, sind ganzseitig,
zahlreiche Ablichtungen sind allerdings auch in sehr kleinem Format gehalten.
Dabei ist aber auch Folgendes zu berücksichtigen: Es war erkennbar ein
Anliegen Jeff Gordons, der auch mit einer eigenen Gesellschaft Herausgeber
des Buchs ist, eine Biografie zu präsentieren, die sich schon aufgrund des
günstigen Preises jeder Fan leisten kann. Das sollte eben kein gewaltiger
Luxusband werden, sondern eine im DIN A4 Format wirklich ausreichend große
Dokumentation seiner Laufbahn mit eindeutigem Schwerpunkt auf der
Textwiedergabe. Dies ist in vollem Umfang gelungen, selbst wenn eine
zumindest auf Gordons wesentliche Erfolge beschränkte Rennstatistik fehlt.
Thomas Nehlert
Thomas Nehlert
Jeff Gordon – His Dream, Drive & Destiny
Autor: Joe Garner
Verlag: Jeff Gordon Inc., 2016
Format: Hardcover, 21 x 29 cm
Umfang: 192 Seiten, über 260 Abbildungen
Text: Englisch
Preis: € 36,45
Vertrieb: Bei den großen internationalen Online-Buchhändlern
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