Rezension Thomas Nehlert: "Jeff Gordon – His Dream, Drive & Destiny" – Autor: Joe Garner, Jeff Gordon Inc., 2016

Mit vier Meisterschaftstiteln, 93 Rennsiegen und 805 Starts zählt Jeff Gordon zu den vier erfolgreichsten Rennfahrern des NASCAR Cups. Sein Rücktritt vom Rennsport hinterlässt eine Lücke, die nicht einmal von seinem Freund, dem inzwischen siebenmaligen Titelträger Jimmie Johnson, vollkommen ausgefüllt wird. Denn Gordons Bedeutung und Verdienst gehen weit über seine Karriere als Racecar Driver hinaus. Sein viele Millionen Dollar schweres soziales Engagement für krebskranke Kinder und bedürftige ältere Menschen in den USA und für das Center for Global Cancer Medicine in der dritten Welt kennzeichnet ihn als einen weltoffenen Amerikaner mit Blick weit über die eigenen Grenzen hinaus, der im besten Sinne "open minded" und ohne Übertreibung eine echte Lichtgestalt ist.

Aus Anlass des Endes seiner Rennfahrerkarriere hat der namhafte Journalist der "New York Times", Joe Garner, diese Biografie verfasst. Garner konnte dabei auf eine sehr vertrauensvolle Unterstützung durch Gordon bauen, so dass dieses Buch die einzige von dem aus Kalifornien stammenden Rennfahrer autorisierte Biografie ist, die auch erkennbar seinen persönlichen Einfluss erkennen lässt. Das Vorwort stammt von Tom Cruise, einem bekennenden NASCAR-Fan, der in dem legendären Film "Days of Thunder" die tragende Rolle des Rennfahrers Cole Trickle gespielt hatte. Einer von Jeff Gordon selbst verfassten Einführung folgen 14 Kapitel, die den Lebensweg und die Laufbahn von Jeff Gordon voller Details und überaus spannend dokumentieren. 

 Jeff Gorden
Foto: Thomas Nehlert
Das fängt bei der Kindheit Gordons und den schwierigen Umständen im Haus seines leiblichen Vaters - dem er übrigens äußerlich wie aus dem Gesicht geschnitten ähnelt - an und setzt sich über die Entwicklung bei seinem Stiefvater John Bickford und seiner Mutter Carol Gordon fort. Bickford unterstützte Gordons motorsportliche Ambitionen von früher Kindheit an. Ausführlich wird sein Aufstieg von den Quarter Midgets über die Sprint Cars und die Midgets beschrieben. Schon als Fünfjähriger konnte Jeff seine ersten Rennsiege erzielen, im zarten Alter von acht Jahren gewann er die nationale Meisterschaft der Quarter Midgets. Es folgte der Aufstieg in die Busch Series, die quasi als zweite Liga der NASCAR Stock Car Rennen anzusehen war. Im Ford-Team von Bill Davis gelangte er auch dort schnell zu Ruhm, bevor er zur Saison 1993 zu Hendrick Motorsports wechselte und fortan mit seinem Crewchief Ray Evernham im Chevrolet der NASCAR Cup Series für Jahre seinen Stempel aufdrückte. 1995, 1996, 1998 und 2001 wurde Gordon Meister. Anschließend verpasste er das Ziel weiterer Titelgewinne aus den unterschiedlichsten Gründen, u.a. aber auch aufgrund des 2004 eingeführten Chase-Systems, das das über eine gesamte Saison erbrachte Leistungsbild zuweilen auf den Kopf stellt. Ausführlich wird auch Gordons letzte volle Rennsaison 2015 mit all ihren emotionalen Höhepunkten bis zu seinem letzten Sieg in Martinsville und dem berührenden Festakt auf der NASCARJahresabschlussfeier beschrieben. Zudem erfährt Gordons von fast beispielloser Großzügigkeit geprägtes soziales Engagement, das ihm den höchsten Respekt der US-Präsidenten Clinton und Obama einbrachte, eine angemessene Würdigung. 

Joe Garner geht nicht nur auf die Rennen von Gordon ein, sondern auch sehr ausführlich auf das Hintergrundgeschehen. So erfährt man die Motive und Gründe für den Wechsel zu Hendrick Motorsports und über Gordons Emotionen in diesem Zusammenhang. Ebenfalls werden die Überlegungen zur Auswahl der Ray Evernham nachfolgenden Crewchiefs beschrieben. Man erhält auch einen Einblick in den durch Gordon geförderten Aufstieg Jimmie Johnsons. Und schließlich erfährt der Leser auch sehr deutlich und nachvollziehbar, welche Erwägungen zum Karriereende Gordons als Rennfahrer führten. Dabei kommt durchgehend auch Jeff Gordon selbst zu Wort, so dass sich das Buch fast als Autobiografie des Kaliforniers liest und ein kaum zu übertreffendes Maß an Authentizität vermittelt. Inhaltlich endet das Buch auf dem Stand von Dezember 2015, so dass natürlich die acht Rennen, in denen Gordon 2016 noch einmal in Vertretung des erkrankten Dale Earnhardt Jr. ins Lenkrad griff, keine Berücksichtigung mehr finden konnten. Übrigens ist das Buch auch aus anderem Grund nicht mehr ganz aktuell, denn Jeff Gordon fügte seinen zahlreichen Erfolgen Ende Januar 2017 zusammen mit drei anderen Piloten noch einen Triumph bei den 24 Stunden von Daytona hinzu, die er mit einem Cadillac-Prototypen für sich entscheiden konnte.

In den unzähligen Gesprächen mit dem Autor hat sich Gordon sogar auch zu seinen privaten und familiären Verhältnissen geöffnet. Man erfährt zahlreiche Einzelheiten über sein Elternhaus, über die schwerwiegenden Probleme in seiner ersten Ehe, die unschönen Umstände seiner Scheidung und das erkennbare Glück, das er seit Jahren mit seiner zweiten Ehefrau, der Belgierin Ingrid Vandebosch, gefunden hat. Und deren zwei Kinder Ella und Leo sind nicht nur der ganze Stolz der Eltern, sondern auch – wie in den USA üblich – häufig Bestandteil der öffentlichen Auftritte Jeff Gordons. 

Ich habe selten eine Biografie gelesen, die einen so tiefgehenden Einblick in die Karriere und das Privatleben eines berühmten Rennfahrers gewährt. Garner versteht es bestens, durch flüssige Schreibweise und spannende Aufbereitung den Leser so mitzureißen, dass man die knapp 200 Seiten des Buchs nach Möglichkeit in einem Zug durchliest. Den inhaltlichen Abschluss des Buchs bildet eine persönliche Beschreibung der zehn Lieblingsrennstrecken Gordons. 

Das Layout des Bandes finde ich persönlich sehr gelungen, die Verarbeitung ist gut, das hochwertige Mattglanzpapier bildet eine hervorragende Grundlage für die einwandfreie Reproduktion der insgesamt etwas über 260 Fotos. 18 Aufnahmen, darunter einige eindrucksvolle Porträtbilder, sind ganzseitig, zahlreiche Ablichtungen sind allerdings auch in sehr kleinem Format gehalten. Dabei ist aber auch Folgendes zu berücksichtigen: Es war erkennbar ein Anliegen Jeff Gordons, der auch mit einer eigenen Gesellschaft Herausgeber des Buchs ist, eine Biografie zu präsentieren, die sich schon aufgrund des günstigen Preises jeder Fan leisten kann. Das sollte eben kein gewaltiger Luxusband werden, sondern eine im DIN A4 Format wirklich ausreichend große Dokumentation seiner Laufbahn mit eindeutigem Schwerpunkt auf der Textwiedergabe. Dies ist in vollem Umfang gelungen, selbst wenn eine zumindest auf Gordons wesentliche Erfolge beschränkte Rennstatistik fehlt.

Thomas Nehlert

Jeff Gordon – His Dream, Drive & Destiny 
Autor: Joe Garner 
Verlag: Jeff Gordon Inc., 2016 
Format: Hardcover, 21 x 29 cm 
Umfang: 192 Seiten, über 260 Abbildungen 
Text: Englisch Preis: € 36,45 
Vertrieb: Bei den großen internationalen Online-Buchhändlern

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