Rezension Thomas Nehlert: "Route 66 – Reisen auf der berühmtesten Straße der USA" – Autor und Fotograf: Freddy Langer, Knesebeck Verlag München, 2016

Das ist kein Reiseführer und auch keiner der üblichen Bildbände. Dieses Buch enthält keine Straßenkarten und keine Hotellisten. Und dennoch erfährt der Leser sehr viel mehr über diese Straße und über die USA als in den meisten anderen so zahlreichen und sich häufig wiederholenden Veröffentlichungen über die Route 66. Der Autor und Fotograf Freddy Langer hat diese legendäre Straße nicht nur in voller Länge befahren, er hat auch an ihr gelebt. Und er hat Geist und Seele dieser Verbindung von Chicago nach Los Angeles aufgesogen und gibt seine Eindrücke nun sehr plastisch und authentisch wieder. 

Durch acht Bundesstaaten führt die Route, und Staat für Staat - Illinois, Missouri, Kansas, Oklahoma, Texas, Neu Mexiko, Arizona und Kalifornien - erfahren wir durch essayistisch verfasste Begebenheiten und Begegnungen, was eine Reise dieser Art so interessant und faszinierend macht. Denn Freddy Langer gibt nicht nur wieder, was er gesehen und erlebt hat; vielmehr lässt er die Menschen, die an dieser Straße leben und dort auch ihrem Beruf nachgehen, zu Wort kommen: die Bedienung in einem Restaurant, den MotelBetreiber, den Tankstellen-Pächter, den Biker, den Besitzer eines Food Markets und einfach auch zahlreiche Anwohner. Diese sehr vielschichtigen großen und kleinen Persönlichkeiten geben der Straße ihre Prägung. Ihre Erfahrungen, Enttäuschungen und Wünsche sind eingebettet in Langers fast beiläufig und doch so eindrucksvoll wiedergegebene Geschichte der Route 66 und der USA. Der Leser kann so den Traum dieses großen Landes nachvollziehen, der aber zu oft auf ganz unterschiedliche Weise unerfüllt blieb und gerade in diesen Tagen ein zutiefst gespaltenes Land hinterlassen hat. In der Konsequenz führen Langers Überlegungen dennoch nicht zu einem Verzweifeln, sondern auf sehr realistische Weise zu einem immer wieder neuen Hoffen. Das liest sich alles so spannend, dass man überhaupt nicht aufhört, mit dem Autor weiterzufahren, sich immer wieder neue Geschichten und Erfahrungen zu vergegenwärtigen - bis man schließlich am Santa Monica Pier in LA ankommt. 

Aber Langer lässt denjenigen, der auch ein paar praktische Ratschläge für seine Reiseplanung sucht, nicht allein. Auf acht Seiten am Ende des Buchs fasst er unter dem Titel "Gas, Food, Lodging" seine Empfehlungen für die Gestaltung der Reise-Etappen zusammen und weist auf besonders interessante Restaurants und Diner sowie Unterkunftsmöglichkeiten hin. Zudem gibt er einen überaus hilfreichen Hinweis auf weitere - aus den USA stammende - Reiseliteratur. 

Der Autor hat nicht nur seine Reisegeschichte wunderbar aufgezeichnet, er liefert auch einzigartige fotografische Impressionen. Der Band enthält 222 Fotografien, davon 35 doppelseitig und 46 ganzseitig. Das sind nicht die üblichen Abbildungen grandioser Landschaften, es sind großartige Fotos vom Rand der Straße, teilweise von Kleinigkeiten, die das Land, seine Menschen und seine zuweilen traurigen Entwicklungen berührend wiedergeben. Durch die gekonnte Bildbearbeitung werden die Fotos nicht verfälscht, vielmehr wird ihre jeweilige Aussage deutlich verstärkt, und doch sind es alles schlicht schöne, teilweise fast gemalt wirkende Bilder. 

Freddy Langer, unübersehbar liebt er dieses Land und dokumentiert dies auch in dieser Beschreibung einer Straße, die vielmehr ist als bloße Straße, nämlich ein lange vernachlässigtes und nun wiederbelebtes Kulturgut, das einem auch die großen Schwächen dieses Landes vor Augen führt. Unabhängig davon, wie man zu den Vereinigten Staaten steht, mit diesem Buch erfährt man sehr viel über dieses große Land und bekommt fast zwangsläufig Lust, es auf dieser Route 66 zu erkunden. 



Route 66 – Reisen auf der berühmtesten Straße der USA 

Autor: Freddy Langer 
Verlag: Knesebeck Verlag, München, 2016 
Format: Hardcover, 21 x 26 cm 
Umfang: 224 Seiten, 222 Abbildungen 
Text: Deutsch 
Preis: € 34,95 
ISBN: 978-3-86873-986-2 
Vertrieb: Überall im Buchhande

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