Rezension Thomas Nehlert: „Grand Prix 1961-1965 – Die Jahre der 1,5-Liter-Formel 1 “, Autoren Jörg-Thomas Födisch, Rainer Rossbach, Nils Ruwisch, McKlein Publishing Köln, 202


Wahrscheinlich ist es die in der Wahrnehmung vieler Motorsportfans am meisten vernachlässigte Epoche der Formel 1, die Zeit der 1,5-Liter-Fahrzeuge von 1961 bis 1965. Um nach der 2,5-Liter-Formel die Leistungen nicht eskalieren zu lassen, schrieb die FIA ab 1961 ein Hubraumlimit von 1,5 Liter vor. Die englischen Teams waren entsetzt, Ferrari indes bereitete sich mit dem 156 Sharknose sorgfältig vor. Das Ergebnis ist bekannt, Ferrari dominierte 1961, Phil Hill wurde nach dem tödlichen Unfall von Wolfgang Graf Berghe von Trips in Monza Weltmeister, nur der überragende Stirling Moss vermochte in Monaco und am Nürburgring mit seinem Lotus 18-Climax die Ferrari zu schlagen. 

Entgegen anfänglichen Befürchtungen entwickelte sich die neue Formel 1 überaus gut. Große Starterfelder und zahlreiche Teams , darunter vorübergehend auch Porsche, machten die Rennen spannend und abwechslungsreich. Die Rennwagen dieser Zeit dürften aufgrund ihres schlichten und klaren Designs zu den schönsten in der Geschichte der Monoposti zählen, viele überragende Fahrerpersönlichkeiten drückten der 1,5-LiterFormel 1 ihren Stempel auf, allen voran der atemberaubend schnelle und charismatische Jim Clark. 

Ein Buch über diese Zeit der Formel 1 war deshalb nur überfällig. Das Autoren-Trio JörgThomas Födisch, Rainer Rossbach und Nils Ruwisch hat ganze Arbeit geleistet. In einem großformatigen Band aus dem Verlag McKlein Publishing dokumentieren sie die 1,5-LiterFormel 1 – penibel recherchiert, detailreich und strukturiert dargestellt sowie grandios illustriert. 

Der 360 Seiten umfangreiche und zweisprachig in Englisch und Deutsch verfasste Band ist chronologisch aufgebaut. Einem Vorwort von Richard Attwood und einer Darstellung des Reglements durch Rainer Rossbach folgen die Jahre 1961 bis 1965. Jedes Jahreskapitel fängt mit einer Zusammenfassung an, bevor sämtliche Weltmeisterschaftsläufe einzeln in knappen Texten protokolliert werden. Ein Resümee, eine Weltmeisterschaftstabelle und die Präsentation des Weltmeister-Fahrzeugs beschließen den jeweiligen Jahresbericht. Auf diese Weise wird jede der fünf Saisons auf rund 60 Seiten abgehandelt. Die Eingangstexte und Resümees stammen von JörgThomas Födisch, die Fahrzeugbeschreibungen von Rainer Rossbach und die von Paul Sheldon geschriebenen Rennberichte wurden u.a. von Nils Ruwisch bestens übersetzt. 

Die vier Titelträger der 1,5-Liter-Formel 1 – Phil Hill, Graham Hill, Jim Clark und John Surtees - werden anschließend in vollständigen Lebensläufen gewürdigt. Diese sehr gelungenen Porträts hat Nils Ruwisch erstellt. Sie werden durch etwas knapper gehaltene Beschreibungen zu 17 weiteren bedeutenden Fahrern dieser Epoche ergänzt, die von Rainer Rossbach stammen. Schließlich gibt noch Hartmut Lehbrink seine sehr persönlichen Erinnerungen an die vier Weltmeister wieder. Aber auch die Technik kommt nicht zu kurz – alle Motoren der 1,5-Liter-Zeit werden fotografisch und mit ihren technischen Daten festgehalten. Schließlich würdigt Stephan Anton noch die 1962 erstmals beim Lotus 25 verwirklichte Monocoque-Bauweise. 

Man kann also feststellen, dass die fünf Jahre der Formel 1 zwischen 1961 und 1965 in diesem Buch unter jedem Gesichtspunkt eingehend und mit hoher Kompetenz aller Autoren dokumentiert werden. Ganz wesentlich zum formidablen Eindruck des in einem attraktiven Schuber in bester Verarbeitung präsentierten Buchs trägt zudem die Illustration bei. Rund 560 Abbildungen zeigen das Renngeschehen jener Zeit, die Technik, die Fahrer, die Strecken und sogar die Titelseiten der Rennprogramme allumfassend. Die Mehrzahl der Fotografien stammt aus den Archiven von Cahier, McKlein, Grand Prix Photo und motorsportimages (LAT). Auswahl und Wiedergabequalität sind ausnahmslos erstklassig. 

Mit diesem empfehlenswerten und voluminösen Band wird in der Motorsport-Literatur tatsächlich eine Lücke geschlossen. 

Thomas Nehlert

Grand Prix 1961-1965 – Die Jahre der 1,5-Liter-Formel 1 
Verlag: McKlein Publishing 
Autoren: Jörg-Thomas Födisch, Rainer Rossbach, Nils Ruwisch 
Format: 29 x 29 cm, Hardcover im Schuber 
Seiten: 360 Fotos: über 560 Fotos 
Sprachen: Deutsch und Englisch Preis: € 99,90 
Vertrieb: RacingWebShop.com 
ISBN: 978-3-947156-27-6

Rezension Thomas Nehlert: Corvette – America‘s Star-Spangled Sports Car The Complete History 1953-1982 Karl Ludvigsen, Bentley Publishers, USA, 2014



Es gibt nur einen Sportwagen, der in mehreren Entwicklungsstufen über einen längeren Zeitraum existiert als der seit 1964 produzierte Porsche 911 – die nun in der achten Generation hergestellte Chevrolet Corvette wird seit 1953 gebaut! Dementsprechend findet man eine beachtliche Menge an Literatur zu diesem amerikanischen Zweisitzer, allerdings sind nur wenige Werke wirklich empfehlenswert. 

Das beste Buch zu diesem Thema ist der vorliegende Band von Karl Ludvigsen. Leider deckt es aber nur die ersten drei Generationen bis zum Jahr 1982 ab. Erstmals 1973 im Verlag des Quartalsmagazins „Automobile Quarterly“ erschienen, brachten Bentley Publishers diese vollkommen überarbeitete und stark erweiterte Neuauflage im Jahr 2014 heraus. Ludvigsen als weltweit renommiertester und wahrscheinlich auch bester Autor von Automobilbüchern, der zudem jahrzehntelang in Leitungsfunktionen in der Automobilwirtschaft tätig gewesen war, hat hier – ähnlich wie mit seiner vollkommen unerreichbaren vierbändigen Porsche-Geschichte „Excellence was Expected“ – ein Standardwerk verfasst, das vergeblich seinesgleichen sucht. 

Auf 770 Seiten in 52 Kapiteln bleibt wirklich kein Aspekt der Corvette-Historie von 1953 bis 1982 unberücksichtigt. Von den ersten Ideen und Zeichnungen über die Entstehung und Produktion bis zur Weiterentwicklung des bedeutsamsten amerikanischen Sportwagens dokumentiert dieser voluminöse Band tatsächlich alles, was mit der Corvette zu tun hat: das Design, die Technik, das Marketing, die Einsätze im Motorsport und ganz besonders auch die Leistungen der mit der Corvette befassten Ingenieure. Hier seien nur beispielhaft Zora ArkusDuntov, Bill Mitchell, Harley Earl, Maurice Olley, Dave McLellan erwähnt, ohne die die Geschichte der Corvette so nicht vorstellbar gewesen wäre. Ludvigsen geht auf jedes technische Detail ein, sei es die Entwicklung von Motor, Fahrwerk, Karosserie mit allen Kenndaten, seien es die werksseitigen und in externer Hand liegenden Modifikationen, Vorbereitungen und Einsätze der Rennversionen. Dabei wirft der Autor auch stets einen Blick auf die Konkurrenzsituation auf dem Sportwagenmarkt und verdeutlicht die von manchen Designstudien herrührenden Denkansätze für die jeweilige Weiterentwicklung der Corvette. Der Leser erhält so nicht nur einen bis ins letzte Detail gehenden Überblick zur Entstehung und Entwicklung, sondern auch zu den Vermarktungsüberlegungen und Machtkämpfen im Management von Chevrolet. 

Durch seinen engen Kontakt zu praktisch allen mit der Corvette befasst gewesenen Ingenieuren und seine zeitweise Position bei General Motors liefert Ludvigsen dem Leser ein Maß an Einzelheiten zu dem „Star-Spangled Sports Car“, wie es an keiner anderen Stelle in der Literatur zu finden ist. Ein umfangreicher Anhang mit Tabellen zu den verschiedenen Triebwerken, Modelljahren, Farben und Renneinsätzen rundet das Buch ebenso ab wie eine ausführliche Bibliografie


Man muss über ordentliche Kenntnisse der englischen Sprache verfügen und sich sehr viel Zeit nehmen, um die Dimension dieses Werks über die Corvette zu erfassen – dann aber ist es eine reine Freude, die durch die reichhaltige und hochwertige Illustration mit mehr als sage und schreibe 900 Abbildungen noch gesteigert wird. Gestaltung und Verarbeitung des Bandes sind über jeden Zweifel erhaben, der Preis erscheint geradezu konkurrenzlos günstig. 

Corvette – America‘s Star-Spangled Sports Car The Complete History 1953-1982 

Autor: Karl Ludvigsen 
Verlag: Bentley Publishers, USA, 2014 
Format, Umfang: Leinen-Hardcover, 23,5 x 27,5 cm, 770 Seiten, über 900 Abbildungen 
Text: Englisch Preis: € 24,95 
 ISBN: 978-0-8376-1659-9 
Vertrieb: http://www.bentleypublishers.com/ oder andere Internetportale

Rezension Thomas Nehlert: „Jochen Rindt – Ikone mit verborgenen Tiefen “, Autor Dr.Erich Glavitza, McKlein Publishing Köln, 2020


Am 5. September 2020 jährt sich der Todestag Jochen Rindts zum 50. Mal. Aus diesem Anlass hat McKlein Publishing in Köln eine gewaltige Biografie über den legendären Rennfahrer herausgebracht. Es gibt über Rindt bereits einige Bücher, aber dieser Band stellt die bisherige Literatur zu dem Thema weit in den Schatten. 

Der gewichtige und im quadratischen Großformat gehaltene Band ist bestens verarbeitet und durch einen attraktiven Schuber geschützt. Das Layout ist durchgehend brillant und verleiht der Biografie einen besonderen optischen Reiz. Mit über 400 teilweise ganzseitigen Fotos bester Auswahl und hervorragender Reproduktion ist das Buch in jeder Hinsicht erstklassig illustriert. 

Die Ablichtungen zeigen nicht nur den faszinierenden Rennsport der 1960er Jahre, sondern auch - dem Thema angemessen - Jochen Rindt in allen Lebenslagen sowohl bei den Rennen als auch im Privaten. Natürlich liegt der Schwerpunkt auf den Formel 1- Rennen bis zum Jahr 1970, aber auch Rindts Einsätze in der Formel 2, bei den Tourenwagen und besonders auch bei den Sportwagen und Prototypen sind dokumentiert. Die Aufnahmen stammen zum überwiegenden Teil aus dem fast unerschöpflichen Archiv von McKlein und aus der internationalen Archiv-Sammlung motorsport images“. Die zweifellos bemerkenswertesten und ungewöhnlichsten Fotografien stellte aber der Halbbruder Jochen Rindts, Dr. Uwe Eisleben, aus dem Familienarchiv zur Verfügung. Auf diese Weise wird ein tiefer Einblick in die Familiengeschichte Rindts sowie die Kindheit und Jugend des Rennfahrers gewährt, wie man ihn in dieser Weise bisher noch nie haben konnte. Hervorgehoben werden muss in diesem Zusammenhang die Wiedergabequalität auch alter Schnappschüsse aus dem Elternhaus von Jochen Rindt und aus der Schulzeit des noch ganz jungen aus Mainz stammenden Jochen. 

Auch die großen Aufnahmen von den Autorennen der 1960er Jahre finden wir hier in einer Qualität, wie sie zur damaligen Zeit nicht üblich war, so dass es allein schon ein Genuss ist, die begeisternde Illustration dieses Bandes zu genießen. 

Aber mindestens genauso überdurchschnittlich wie die Illustration erscheint auch der in deutscher und englischer Sprache verfasste Text dieser Biografie. Wer ist nun dieser Dr. Erich Glavitza, der hier ein Rennfahrerleben auf sehr ungewöhnliche Weise nachgezeichnet hat? Glavitza war in den 1960er Jahren in der internationalen Motorsportszene kein Unbekannter: Rennfahrer, Stuntman, Reporter, Journalist – und dazu hat er noch einen Doktorhut! Er war bei Steve McQueens Film-Epos „Le Mans“ dabei und als Stuntman aktiv, er pflegte Kontakte zu zahlreichen Rennfahrern, die er auch bei ihren unterschiedlichen Abenteuern begleitete. So war er insbesondere im Lager der Österreicher ganz nah dran, ja sogar mittendrin. Und er sog all das Gesehene und Gehörte auf, merkte es sich, schrieb es nieder. Vor ein paar Jahren entstanden so die sehenswerte DVD „Remebering Le Mans“ und ein Buch über seine Erinnerungen mit dem Titel „Vollgas oder Nix!“ Glavitza spricht Klartext, nimmt kein Blatt vor den Mund, trägt durchaus auch mal dick auf. Durch seinen sehr guten Kontakt zu Uwe Eisleben konnte er zahlreiche Geschichten aus der Familie Rindt zusammentragen und seine eigenen Erfahrungen aus den 1960er Jahren erlaubten ihm einen tiefen Blick hinter die Kulissen des Renngeschehens jener Epoche. So erschöpfen sich seine Darstellungen nicht in chronologischen Rennberichten, sondern schildern auch sehr detailliert die Rennmannschaften, für die Rindt fuhr, die Umstände von Erfolgen und Misserfolgen, die Verantwortlichkeiten in den Rennställen und sogar die Hintergründe der nicht immer einfachen Finanzierung des Rennsports. Glavitza versteht es auch, sich durchaus kritisch mit dem österreichischen Motorsport-Journalismus zu Jochen Rindt auseinanderzusetzen, und eröffnet so bisweilen neue Perspektiven auf die Berichterstattung dieser Zeit. Glavitza, selbst Österreicher, ist der Auffassung, dass der in Deutschland geborene Rindt nicht der erste österreichische, sondern der erste deutsche Formel 1-Weltmeister war. Nun, allein wenn man die Sprachfärbung des Weltmeisters von 1970 hört, kann man da auch zu einem anderen Ergebnis kommen. Aber wahrscheinlich ist das heute auch nicht mehr so wichtig. Es ändert nichts an dem Umstand, dass Rindt einer der größten Rennfahrer war. Der Autor bringt seinen Respekt und seine Bewunderung für Rindt zum Ausdruck, porträtiert aber zugleich eine überaus vielschichtige Persönlichkeit von schwierigem Charakter. 

Viele Rennfahrer-Biografien verfallen in die Unsitte, den porträtierten Piloten geradezu einen Heiligenschein aufzusetzen, und liegen damit zuweilen neben der Realität. So etwas gibt es bei Glavitza nicht. Er beschreibt all die Kanten und Ecken, die Ausfälle und Ruppigkeiten von Jochen Rindt recht schonungslos und vermittelt so ein wirklich authentisches Bild von dem Rennfahrer. Er räumt sehr deutlich mit der Vorstellung auf, Rennfahrer seien „gute Menschen“. Er belegt, dass es sich gerade bei den erfolgreichen Piloten um durchaus liebenswerte aber eben doch rücksichtslose Egomanen handelt, die dem eigenen Erfolg alles andere unterordnen. 

Hier schreibt einer, der sich wirklich mit der Psyche des Rennfahrers und den Hintergründen des Motorsports auseinandergesetzt hat. Und er schreibt es so, dass es sich spannend und nachvollziehbar liest. Natürlich kommt dabei die Darstellung der Fakten nicht zu kurz. Die insgesamt 26 Kapitel sind chronologisch geordnet und enthalten sechs reine Bildstrecken zu den jeweiligen Jahren. Das letzte Kapitel stellt eine ausführliche Rennstatistik dar, die den Band perfekt abschließt. 

Neben dieser Chronologie geht Glavitza insbesondere auch auf Rindts Einsätze in den USA und seinen Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans 1965 sowie sein Verhältnis zu seiner späteren Ehefrau Nina ein. Immerhin war Nina Rindt Mitinitiatorin der als JochenRindt-Show gestarteten Essen Motor Show, und Jochens Le-Mans-Sieg war zugleich der bis heute letzte Ferrari-Gesamtsieg bei dem französischen Langstrecken-Klassiker. Selbstverständlich analysiert Glavitza auch den tödlichen Unfall Rindts in Monza am 5. September 1970 – ein Geschehen, das in all seinen Facetten heute unvorstellbar wäre, aber in manchen Bereichen sind wir zum Glück eben doch 50 Jahre weiter. Sehr pointiert und ausgewogen beleuchtet Glavitza nicht nur die damals allgegenwärtige Gefahr bei den Rennen, sondern auch – an sich im Gegensatz dazu stehend – die allgemeine Lockerheit und Ungezwungenheit im Umgang miteinander, mit den Journalisten und den Fans. Diese unangepasste Hemdsärmeligkeit der 1960er und 1970er Jahre ist dem Motorsport nach und nach abhanden gekommen. 

Wer sich für Jochen Rindt und die damalige Formel 1 interessiert, kommt – ganz unabhängig von allen anderen Rindt-Biografien – an diesem Buch nicht vorbei: vom Layout und der Illustration im wahrsten Sinne des Wortes einfach schön, von der Durchdringung des Themas und der inhaltlichen Dichte des Textes mehr als beachtlich! 

Thomas Nehlert


Jochen Rindt – Ikone mit verborgenen Tiefen 
Verlag: McKlein Publishing 
Autor: Dr.Erich Glavitza 
Format: 29 x 29 cm, Hardcover im Schuber 
Seiten: 400 Fotos: über 400 Fotos 
Sprachen: Deutsch und Englisch 
Preis: € 99,90 Vertrieb: RacingWebShop.com 
ISBN: 978-3-947156-26-9