Der amerikanische Motorsport unterscheidet sich grundsätzlich vom europäischen. Spielen bei uns
die Formel 1 und die Touren- und Sportwagen mit Rennen auf Rund- und Straßenstrecken die
wichtigste Rolle, so interessieren sich die US-Amerikaner vornehmlich für die Läufe der NASCAR
Cup Series mit Stock Cars von 750 bis 800 PS auf Ovalkursen. Es wäre auch falsch, diese Form
des Autosports als primitives „Fahren im Kreis“ abzutun. Die Leistungsanforderungen an die
Fahrer liegen hoch, was nicht zuletzt durch die sehr dürftigen Ergebnisse belegt wird, die von
Fahrern aus anderen Motorsportformen erzielt wurden. Nur beispielhaft seien hier Jacques
Villeneuve und Juan-Pablo Montoya erwähnt.
Wer sich mit den Rennen der NASCAR Series einmal genauer befasst hat, kommt von diesen
Veranstaltungen kaum noch los. Nicht weniger als jährlich 36 Rennen mit jeweils 40 Teilnehmern
umfasst die Meisterschaft, die in einem Play-Off-System in den letzten zehn Rennen entschieden
wird. Nur zweimal treten die gewaltigen Fahrzeuge außerhalb von Ovalstrecken an, nämlich in
Sonoma in Kalifornien und in Watkins Glen nicht weit von New York. Die Rennen sind im Grunde
Langstreckenläufe mit Distanzen von 250 bis zu 600 Meilen.
#Rezensent_mit_JeffGordon_Atlanta_2014 |
Die hier vorgestellten Bücher sind zur Zeit die einzige deutschsprachige Literatur über den
faszinierenden Sport mit Stock Cars. Pete Fink, Spezialist für den amerikanischen Motorsport und
Kommentator bei zahlreichen Fernsehübertragungen der NASCAR-Serie, hat mit seinen beiden
Bänden wirklich eine Pflichtlektüre für die stetig wachsende NASCAR-Fangemeinde verfasst. Im
ersten Band beschreibt Fink die Geschichte der NASCAR in 20 Kapiteln so detailreich, so
tiefgründig und doch so unterhaltsam, dass man die 400 Seiten am liebsten gleich in einem Zug
durchlesen möchte.
Die Stock Car Rennen hatten ihre Wurzeln in den Verfolgungsjagden, die sich die Schmuggler des
zur Zeit der Prohibition des nachts in North und South Carolina schwarz gebrannten Whiskys mit
der Polizei geliefert hatten. Diese "Bootlegger" benötigten für den Transport des sogenannten "Moonshine" immer stärkere Limousinen. Es ist unglaublich, wie viele Hintergrundgeschichten,
Fahrerbiografien und Rennverläufe nachgezeichnet werden. Die Entstehung der Stockcar-Rennen
ist zugleich ein hoch interessanter Teil amerikanischer Geschichte, und die Darstellung der
Entwicklung und des Wachstums dieses Motorsports macht deutlich, dass NASCAR in dieser Art
und in diesem Umfeld so nur in den Vereinigten Staaten möglich war und ist. Im ersten Band wird
die NASCAR-Historie sehr pointiert und fesselnd bis zum Ende der Saison 2011 erzählt - von
Junior Johnson über Richard Petty und David Pearson, Dale Earnhardt und Darrell Waltrip, Jeff
Gordon und Jimmy Johnson bis zu Dale Earnhardt Junior und Tony Stewart - von der
Markenvielfalt am Anfang über das Auftreten der großen Werke bis zur heutigen Zeit der großen
und teilweise schon legendären Teams. Da bleibt keine Frage unbeantwortet und selbst der
interessierte NASCAR-Fan erfährt mit Sicherheit noch viel Neues.
Das Buch "Das Phänomen NASCAR 2" schließt nahtlos an den ersten Band an. Der Leser wird in
18 Kapiteln auf wiederum 400 Seiten durch die Jahre 2012 bis 2014 geführt und erfährt erneut
unzählige Details und Hintergrundgeschichten bis hin zum Titelgewinn Kevin Harvicks. Einzelne
Kapitel widmen sich Danica Patrick, Brad Keselowski, Mark Martin und natürlich Jimmie Johnson,
der 2016 seinen siebten Titel erringen konnte. Fink schreibt auch über die vielversprechenden
Nachwuchstalente, die Nationwide Series - die nun Xfinity Series heißt - als zweiter Liga und die
Camping World Truck Series. Ausführlich wird auch auf die technischen Aspekte wie das Gen6 Car
eingegangen. Ebenso fehlt es nicht an einer in die Tiefe gehenden Darstellung des nicht ganz
unumstrittenen neuen Chase-Formats im Play-Off-Stil.
Von ganz besonderem Reiz ist das Kapitel über die Entwicklung der NASCAR-Übertragungen im
deutschsprachigen Fernsehen. Für viele Leser der Höhepunkt dürften aber 30 Seiten mit
wertvollen Tipps und Ratschlägen für Reisen in die USA zu den NASCAR-Rennen sein. Hier hat
der Münchner Autor viel Wissen und Erfahrung zusammengetragen, so dass einem Ausflug zu
einem oder mehreren Stock Car Rennen kaum noch etwas im Wege stehen sollte; denn so sehr
die Live-Übertragungen auf MotorvisionTV auch begeistern, nichts kann das unmittelbare Erlebnis
eines NASCAR-Rennens vor Ort ersetzen.
#Start_Bristol_NightRace_2014 |
Abgerundet werden beide Bücher jeweils durch einen 32seitigen abwechslungsreichen Bildteil mit
60 bis 70 Fotos, die aber nur eine Ergänzung des von Begeisterung und Kompetenz getragenen
Textes sind. Beide Bände sind im Buchhandel zu erwerben; empfehlenswert ist aber auch eine
Bestellung über die Website von Pete Fink, weil man dann die Bücher auf Wunsch auch vom Autor
handsigniert bekommt.
Thomas Nehlert
Thomas Nehlert
Autor: Pete Fink
Verlag: Pete Fink, 2012 und 2016
Format: Hardcover, 15,5 x 23,5 cm
Umfang: jeweils 400 Seiten Text und 32 Seiten mit 60-70 Fotos
Text: Deutsch
Preis: je € 34,95
Vertrieb: Überall im Buchhandel und
info@pete-fink.com
Vom Buchverfasser autorisierte Leseproben:
http://www.petefink.com/Pete_Fink_files/LeseprobePhaenomenNASCAR.pdf http://www.petefink.com/Pete_Fink_files/Leseprobe2.pdf
http://www.petefink.com/Pete_Fink_files/LeseprobePhaenomenNASCAR.pdf http://www.petefink.com/Pete_Fink_files/Leseprobe2.pdf
Fotos: Archiv Thomas Nehlert
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