Das Interesse an edlen klassischen Automobilen scheint im gleichen Maße zuzunehmen
wie die Kritik an der nüchternen Technik und der Gleichförmigkeit moderner Fahrzeuge.
Automobile Pretiosen haben sich nicht nur zu gewinnversprechenden Anlagen entwickelt,
sondern stellen vielmehr ein echtes Kulturgut der Industriegesellschaft dar.
Es ist deshalb auch nicht verwunderlich, dass es immer mehr Bücher über klassische
Autos gibt, seien es kompakte Kaufratgeber, Technikhandbücher oder attraktive
Bildbände. Dieser Band aus dem teNeues Verlag ist ein Buch von außergewöhnlichen
Maßen, ein wahres "Coffee Table Book", in dem man mit großer Freude blättert und liest.
Mit einem Gewicht von 4,5 kg und einem Umfang von 400 Seiten im gewaltigen Format
von 30 x 37 cm sowie einem edlen Einband in einem alcantaraähnlichen Gewebe fällt es
schon rein äußerlich aus dem Rahmen.
Noch mehr gilt dies für den Inhalt. Die Vorworte stammen von Paolo Tumminelli und
Jürgen Lewandowski. Unter den Fachleuten, die bei der Erstellung des Buchs beratend
tätig waren, finden sich u. a. Leopold Prinz von Bayern und Carl-Peter Forster. Die Autoren
Jürgen Lewandowski und Michael Görmann, der zugleich als Herausgeber firmiert, haben
sich dem Thema der „Classic Cars“ aus vier Richtungen genähert.
Etwa die Hälfte des Buchs beschäftigt sich mit Fahrzeugen aus privaten Sammlungen.
Aus der Kollektion eines Münchner Sammlers werden nicht weniger als 19 Typen gezeigt
– Aston Martin, Ferrari, Jaguar, Mercedes, Bentley, alles Modelle in bestem Zustand vom
Mercedes-Benz 540 K bis zum Ferrari 250 GT Lusso. Aus verständlichen Gründen bleibt
der Name des Sammlers ungenannt, wenn vielleicht die als Kennzeichen benutzten
Buchstaben manchem Insider doch etwas verraten. Es folgen die Sammlung MoCo, die
Porsche-Sammlung Diamand, die Abarth-Sammlung Möll, die atemberaubende Sammlung
„EFA – Mobile Zeiten“ aus dem Chiemgau, die Landmark Collection Kitzbühel und eine
schlicht überwältigende Zusammenstellung von Horch-Automobilen. Dazu gesellen sich
zahlreiche Einzelstücke – vom Ferrari 166 MM, der auch den Einband ziert, und Opel RAK
2 über den Ferrari 166 Spider Corsa Scaglietti, einen Mercedes-Benz 600 und einen Opel
GT bis zu einem VW Golf 2 Pikes Peak und Michael Schumachers erstem
Weltmeisterschaftsauto, dem Benetton-Ford B194-5.
Unter dem Titel "Events" wird auf einige große Veranstaltungen im Bereich der klassischen
Automobile eingegangen wie zum Beispiel den Pebble Beach Concours d'Élegance, den
Concorso d'Éleganza Villa d'Este, das Goodwood Revival und das Festival of Speed
sowie die Mille Miglia. Im Zusammenhang mit der Mille Miglia äußert sich der Chopard CoPräsident
Karl-Friedrich Scheufele, der diese klassische Veranstaltung mehrfach
zusammen mit Jacky Ickx bestritten hat.
Besonders vielfältig zeigt sich der Abschnitt „Connections“, in dem es um die
unterschiedlichen Formen des Kontaktes in der Szene der Autosammler geht. Da wird
ausführlich über Auktionen der Häuser Bonhams und RM Sotheby's berichtet, ein privater "Drivers & Business Club" wird vorgestellt und die BMW Group Classic sowie die
Motorworld Group erfahren eine Würdigung ebenso wie Organisationen, die sich mit dem
Organisieren von Ausfahrten mit klassischen Fahrzeugen befassen. Ausführlich werden
zahlreiche zum Verkauf angebotene Oldtimer präsentiert.
Sehr reizvoll ist der vierte und letzte Abschnitt "Photography". Vier Fotografen zeigen die
sehr unterschiedliche Herangehensweise beim Ablichten von Automobilen. Unter diesen
für mich klar herausstechend ist Marianne Fürstin zu Sayn-Wittgenstein mit ihren
unnachahmlichen Rennsportaufnahmen zwischen 1951 und 1970. Dazu im interessanten
Kontrast stehen die in infrarotem Licht gestalteten Aufnahmen von Michael Görmann und
die eher unterkühlten Bilder von René Staud, die den Focus geschickt auf die speziellen
Formen unterschiedlicher Fahrzeuge lenken. Schließlich beeindrucken auch die von einer
besonderen Lichtwirkung und Dynamik gekennzeichneten Aufnahmen Bernhard
Hartmanns von zumeist winterlichen Rallyes des historischen Motorsports.
Eigentlich könnten alle 400 Seiten des Prachtbandes unter dem Titel "Photography" stehen. Denn neben den kompetenten und leidenschaftlichen Texten und den
detailreichen technischen Daten lebt dieses Buch von seiner fast berauschenden
Illustration. 356 Fotos, fast ausschließlich im großen, teilweise doppelseitigen, Format,
prägen den Eindruck von diesem Werk nachhaltig. Die Fahrzeuge, die durchgehend als
automobile Schmuckstücke anzusehen sind, werden in brillanter Auswahl von Motiv und
Blickwinkel sowie makelloser, fast plastischer Reproduktion gezeigt. Es ist als großer
Pluspunkt anzusehen, dass zahlreiche Archive und Fotografen hier ihr Können zeigen.
Dadurch ist die Illustration vielfältig und abwechslungsreich und hebt sich wohltuend von
so manch anderem Buch ab, in dem die Bilder durchgehend und nicht selten gleichförmig
von einem einzigen Fotografen stammen.
Ausstattung, Layout und Verarbeitung des Buchs sind hervorragend - "Classic Cars
Review" setzt in Inhalt und Ausstattung einen Maßstab, der dem Untertitel "The Best
Classic Cars on the Planet" in vollem Umfang entspricht.
Classic Cars Review – The Best Classic Cars on the Planet Classic Cars Review – The Best Classic Cars on the Planet
Thomas Nehlert
Autoren: Michael Görmann (zugleich Herausgeber), Jürgen Lewandowski
Verlag: teNeues Verlag, Kempen, 2018
Format und Umfang: Hardcover, 30 x 37,5 cm, 400 Seiten, 356 Fotos
Text: Englisch/ Deutsch
Preis: € 130,-
ISBN: 978-3-96171-102-2
Überall im Buchhandel erhältlich
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