Rezension Thomas Nehlert: "Turbo May – Rennfahrer, Ingenieur, Forscher", Autor Peter Schroeder, Fotos Werner Eisele, View Verlag Bonn, 2017

Wer den Begriff "Turbo-May" hört, denkt wahrscheinlich zuerst an die durch Turboaufladung leistungsgesteigerten Ford Capri. Aber der Name Michael May steht tatsächlich für erheblich mehr als nur für bärenstarke Editionen des sportlichen Coupés der Ford-Werke aus den 1970er Jahren. Michael May entstammt einer Schweizer Familie und wurde 1934 geboren. Sein späteres technisches Wirken erfasste alle Bereiche des Automobilbaus – Fahrwerk, Motoren, Aerodynamik. Er war für viele namhafte Unternehmen tätig, blieb aber mental stets ein unabhängiger Geist. Zudem betätigte er sich lange Zeit und nicht erfolglos als Rennfahrer in den unterschiedlichsten Motorsportklassen. Nach dem Ende seiner Laufbahn als Ingenieur und Techniker engagiert sich der mittlerweile 83jährige May in der Krebsforschung. 

In diesem Aufgabenbereich findet sich auch die deutlichste Schnittmenge mit dem früheren Beruf seines Biografen, Prof. Dr. Peter Schroeder, der bis 2015 als Chirurg praktiziert hatte. Peter Schroeder – bekannt durch seine Biografien über Jochen Mass und den Rennwagenbauer Francis McNamara sowie einen Band über das Wallberg-Rennen – hat in zahlreichen langen Gesprächen mit Michael May so viel interessante Details und Hintergründe aus dem Leben des Schweizer Ingenieurs herausgefunden, dass es kein Problem war, die 200 Seiten des vorliegenden Buchs zu füllen. Angestoßen wurde das Projekt von dem renommierten Motorsport-Fotografen Werner Eisele, den eine langjährige Freundschaft mit May verbindet und der sein Archiv für die wirklich gelungene Illustration des Bandes öffnete. 

In 26 Kapiteln wird die Lebensgeschichte Michael Mays abwechslungsreich und spannend dokumentiert. Seine Kindheit und Jugend, seine nicht ganz einfachen beruflichen Anfänge, seine Laufbahn als Rennfahrer erfahren ebenso eine detailreiche Darstellung wie seine unglaubliche schöpferische Kraft als Ingenieur für Ford, BMW, Opel, Alfa Romeo, Porsche und Ferrari, um nur die bekanntesten Fabrikate zu erwähnen, die von seiner technischen Genialität profitierten. Für mich persönlich stellen sich die Kapitel über seine wechselvollen Erfahrungen bei Porsche und seine Mitwirkung an den Formel 1-Rennwagen von Ferrari in den 1960er Jahren als besonders interessant dar. Schließlich gipfelte seine Arbeit bei dem italienischen Rennstall im Gewinn der Weltmeisterschaft 1964 durch John Surtees, der sich in einem kurzen Texteinschub ebenso wie Hans Mezger von Porsche zu den großartigen Leistungen Mays äußert. Natürlich geht der Autor auch ausführlich auf Mays eigenes Unternehmen, die Turbo May GmbH, ein. Mit diesem Geschäft war der Schweizer zugleich einer der kleinsten Automobilfabrikanten der Welt. Und schließlich werden auch der von May entwickelte „Fireball Motor“ und seine Pionierarbeit an modernen Zündanlagen gewürdigt. Den inhaltlichen Abschluss des Buchs bildet eine knappe Darstellung seines Einsatzes in der Krebsforschung. 

Der Band ist erkennbar mit profunder Kenntnis, großer Begeisterung und nach langjähriger und intensiver Recherche verfasst. Die Reproduktion der rund 240 Fotografien ist gut, wobei man berücksichtigen muss, dass die Fotos zu einem Großteil aus einer Zeit stammen, in der die technischen Möglichkeiten bei vergrößerter Wiedergabe bei weitem noch nicht so weit waren wie heute. Die teilweise erstmals publizierten Bilder stammen überwiegend aus dem Archiv Werner Eiseles, aber auch von LAT und einigen werksseitigen Sammlungen. 

Noch etwas sei angemerkt: die ersten Exemplare des Buchs waren mit einigen sachlichen Fehlern und textlichen Ungenauigkeiten in den Verkauf gekommen. Der Verlag hat darauf offenkundig schnell reagiert. Nach dem nachhaltigen Lektorat durch Peter Hoffmann, übrigens Autor einer hervorragenden Biografie über den Rennfahrer Peter Lindner, vermag ich bei den aktuellen Exemplaren insoweit keinen Anlass zur Beanstandung mehr zu erkennen. Auch die Qualität des Papiers kann nun überzeugen, und die Reproduktion der Bilder ist nicht mehr durch einen so hohen Schwarzanteil geprägt wie bei den ersten Stückzahlen.


Turbo May – Rennfahrer, Ingenieur, Forscher

Autor: Prof. Dr. Peter Schroeder 
Verlag: View Verlag, Bonn, 2017 
Format und Umfang: Hardcover, 21 x 30 cm, 200 Seiten, rund 240 Fotografien 
Text: Deutsch 
Preis: € 39,- 
Überall im Buchhandel erhältlich

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