Phil Hill war der erste amerikanische Formel-1-Weltmeister. Er startete von 1958 bis 1964
in der Formel 1, wurde 1961 Weltmeister und gewann insgesamt drei Formel-1-
Weltmeisterschaftsläufe. Darüber hinaus war er bei den großen Sportwagenrennen sehr
erfolgreich, trug dreimal den Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans davon und gewann die
12 Stunden von Sebring sowie die 1000 km auf dem Nürburgring jeweils zweimal.
Zweifellos zählt er zu den insbesondere in Europa zu Unrecht unterschätzten Piloten, nicht
zuletzt deshalb, weil er nach dem tödlichen Unfall des für die Formel-1-Weltmeisterschaft
1961 favorisierten Graf Berghe von Trips den Titel erringen konnte. Tatsächlich war Phil
Hill nicht nur ein brillanter und extrem vielseitiger Rennfahrer, sondern auch eine
charismatische, hochgebildete und weltoffene Persönlichkeit. Nach seiner
Rennfahrerlaufbahn betätigte er sich in den USA im journalistischen Bereich und war im
Historischen Motorsport aktiv. 2008 starb er im Alter von 81 Jahren in Kalifornien.
Neben dem Rennsport war die Fotografie eine von Hills Leidenschaften. Mit seiner Leica
fing er den Motorsport der 1950er und 1960er Jahre aus seiner persönlichen Sicht ein.
Viele tausend Fotos waren das Ergebnis, das nun durch diese Bücher der Nachwelt
zugänglich gemacht wird. Doug Nye als einer der renommiertesten Motorsporthistoriker
hat das Archiv Hills gesichtet und geordnet und die Illustration für die vorliegende Biografie
zusammengestellt. Phil Hill, der dem Projekt einer großen Biografie in der ihm eigenen
Bescheidenheit zunächst skeptisch gegenüberstand, unterstützte das Vorhaben
schließlich bereitwillig und gab sowohl Nye als auch seinem langjährigen Freund Steve
Dawson in zahlreichen stundenlangen Interviews Auskunft über seine Rennsportlaufbahn.
Hills Sohn Derek steuerte eigene Recherchen zur Karriere seines Vaters bei, Ian Lambot
kümmerte sich um Layout und Produktion, und Paul Vestey – zusammen mit Doug Nye
Gründer von "The GP Library" – stand in verlegerischer Verantwortung und beschaffte
weiteres Bildmaterial. Die Arbeit an diesem Werk begann bereits zur Jahrtausendwende.
Was nach vielen Jahren schließlich dabei herauskam, kann ohne Übertreibung als ein
Benchmark der Motorsport-Literatur bezeichnet werden, und zwar sowohl von der
Quantität als auch noch mehr von der Qualität. Insgesamt 1388 Seiten, 1870 Abbildungen
in drei Bänden mit einem Gesamtgewicht von etwa 17,5 kg! Die ersten beiden Bände
bilden die "Collector's Edition" mit den von Hill selbst gefertigten Fotos, der dritte Band ist
die vollständige "Racing Autobiography".
Der erste Band der "Collector's Edition" befasst sich nach Vorworten von Doug Nye und
Steve Dawson zunächst eher kursorisch mit der Zeit von 1938 bis 1950, bevor
chronologisch die Jahre 1951 bis 1956 dokumentiert werden. Jedem Jahr wird eine
zusammenfassende Schilderung vorangestellt, bevor auf die einzelnen
Rennsportveranstaltungen eingegangen wird. Die Texte wurzeln sämtlich in den Interviews
mit Phil Hill und sind entsprechend einer Autobiografie in der Ich-Form abgefasst. Auch die
Bildunterschriften als sehr ausführliche Erläuterungen stammen von Hill selbst, dem die
Fotos zwecks Kommentierung alle vorgelegt wurden. Der Schwerpunkt der im ersten Band
abgebildeten Rennen liegt in den USA. Neben so bekannten Strecken wie Sebring,
Watkins Glen und Elkhart Lake findet der Leser u.a. auch Berichte von Veranstaltungen in
Pebble Beach, im Golden Gate Park in San Francisco, auf dem Stockton Airfield und der
Mac Dill Airforce Base sowie in Palm Springs.
Ein Höhepunkt beider Bände sind die Aufnahmen und Beschreibungen der alljährlichen
Ferrari-Testfahrten auf der alten Rennstrecke von Modena. Da Phil Hill jahrelang Mitglied
des Ferrari-Werksteams war, liegt ein besonderes Augenmerk gerade des zweiten Bandes
auf dieser Zeit, und man kann sich an den zahlreichen Fotografien zu diesem Thema
einschließlich einiger Aufnahmen des Commendatore Enzo Ferrari kaum sattsehen. Dabei
wird auch deutlich, warum der Titel für alle drei Bände "Inside Track" lautet. Phil Hill
vermittelt nämlich durch seine Fotos viele so bisher noch nie veröffentlichte Blicke in das
interne Geschehen der Ferrari-Mannschaft. Neben den legendären Rennfahrzeugen sieht
man auch die Piloten und vor allem auch die Ingenieure und Renntechniker bei ihrer
Arbeit. Der Ferrari 156 Sharknose wird in noch unlackiertem Zustand auf der Strecke von
Modena gezeigt, man kann sehen, wie Enzo Ferrari selbst die Testfahrten überwacht, und
an Aufnahmen berühmter Fahrer wie z.B. von Fangio, Collins, Hawthorne, Ginther und
Gendebien herrscht kein Mangel. Selbst die beiden "Rennen der zwei Welten" auf dem
ansonsten in dieser Form nicht genutzten Ovalkurs in Monza werden gewürdigt. 1957 und
1958 traten dort die amerikanischen Monoposti der USAC-Serie gegen europäische
Rennfahrzeuge an. Nicht minder interessant sind die Berichte von den MGWeltrekordfahrten,
die 1957 und 1959 auf dem Salzsee von Bonneville ausgetragen
wurden. Auch der Grand Prix von Deutschland 1959 auf der Berliner Avus erfährt eine
Würdigung: Hill, dem diese Strecke wenig zusagte, ruft die Erinnerung an diesen
Weltmeisterschaftslauf mit einigen Fotos aus dem Berlin vor dem Mauerbau in Erinnerung.
Zahlreiche Aufnahmen von großen Sportwagenrennen in Südamerika, Europa und den
USA runden die reichhaltige Illustration beider Bände der "Collector's Edition" ab.
Insgesamt handelt es sich dabei zu etwa 90% um Fotos, die Phil Hill selbst gemacht hat.
Um aber auch das Renngeschehen in der Außenbetrachtung nicht vollkommen
auszublenden, ergänzen einige Aufnahmen bekannter Motorsportfotografen die
Bildausstattung.
Eine ausführliche achtseitige Rennstatistik hält am Ende des zweiten Bandes alle Rennen
fest, in denen Phil Hill am Start war. Das ist schon deshalb hilfreich und begrüßenswert,
weil die beiden Bände in Bild und Text ausschließlich die 90 Veranstaltungen
wiedergeben, bei denen Hill selbst Fotos anfertigte.
Aus diesem Grunde ist es für eine vollständige Information über Phil Hill auch unerlässlich,
sich neben der doppelbändigen "Collector's Edition" als dritten Band die "Racing
Autobiography 1927-1967" zuzulegen. Diese lückenlose Lebensbeschreibung beginnt mit
einem empathischen Vorwort Dan Gurneys, des anderen großen amerikanischen
Rennfahrers der 1960er Jahre, der erst jüngst im Alter von 86 Jahren verstorben ist. Nach
einer Wiedergabe der Kindheit und Jugend Phil Hills mit zahlreichen Fotos aus dem
Familienalbum wird die Karriere des Amerikaners von den Nachkriegsjahren bis zur
Saison 1967 in 20 Kapiteln ausführlich beschrieben. 1949 und 1950 bestritt er mehrere
Rennen in England, kehrte 1951 in die USA zurück und schlug 1953 den Weg des
professionellen Rennfahrers ein. Nach anfänglichen Erfolgen auf unterschiedlichen
Fabrikaten, stellte die Zeit bei Ferrari zweifellos den Höhepunkt der Laufbahn Hills dar.
Aber auch nach dieser Epoche, die mit dem Sieg in der Formel-1-Weltmeisterschaft 1961
und mehrfachen Erfolgen bei den 24 Stunden von Le Mans gekrönt wurde, blieb Hill aktiv.
Nach eher mageren Zeiten bei ATS und Cooper war er maßgeblich an der siegreichen Zeit
der Ford GT 40 bei den großen Sportwagenrennen beteiligt. 1966 und 1967 bestritt er
mehrere Läufe der Internationalen Markenmeisterschaft mit den technisch revolutionären
Chaparral des Texaners Jim Hall und konnte am Nürburgring 1966 und in Brands Hatch
1967 sogar gewinnen. 1968 beendete Hill seine Rennfahrerlaufbahn und widmete sich
fortan der Restaurierung alter Automobile, war bei Veranstaltungen des Historischen
Motorsports aktiv und betätigte sich – zuweilen mit dem bekannten Autor John Lamm – auf
publizistische Weise, z.B. mit Fahrberichten in dem amerikanischen Automagazin "Road&Track".
Diese Lebensgeschichte - von Phil Hill selbst überaus detailreich, ausführlich und
spannend erzählt – findet der Leser in dem dritten Band von „Inside Track“. Erinnerungen
von John Lamm und Hills hinterbliebener Ehefrau Alma runden den Band inhaltlich ab. Ein
langes Stichwortverzeichnis erleichtert das Auffinden bestimmter Fakten. Die Illustration ist
wie schon in der "Collector's Edition" gigantisch. Begeisternde Aufnahmen aus namhaften
Archiven wie der Cahier Collection, der GP Library, der Revs Digital Library und zwanzig
weiteren Sammlungen ergänzen sich mit den Fotografien von Phil Hill und aus dem Hill
Family Archive. Die Bilder sind zum Teil im großen bis doppelseitigen Format, zeigen
Rennaction, Fahrzeuge auch im Detail, Rennfahrer, Ingenieure und Techniker sowie auch
das Treiben an den Rennstrecken und hinter den Kulissen. Zudem werden einige
Originaldokumente wie Titel von Rennprogrammen oder z.B. der Frachtschein für einen
Ferrari 212 E reproduziert. Einige wenige Fotos aus der "Collector's Edition" wiederholen
sich in der "Racing Autobiography". Das ist im Interesse der Vollständigkeit so gewollt, weil
beide Titel auch einzeln erworben werden können.
Alle der insgesamt über 1800 Fotos stammen aus einer Zeit, in der an die digitale
Fotografie noch lange nicht zu denken war. Umso bemerkenswerter ist die hervorragende
Wiedergabequalität der Bilder, selbst im weitaus größeren Format als es früher üblich war.
Hier haben die Macher der Autobiografie im Rahmen einer angemessenen
Bildbearbeitung eine großartige Leistung vollbracht. Die drei Bände sind bestens
verarbeitet und durch zwei Leinenschuber geschützt. Druck und Bildwiedergabe auf
schwerem Papier entsprechen dem von den Produzenten gesetzten hohen Maßstab.
Natürlich stellt sich die Frage, ob selbst ein solches, neue Maßstäbe setzendes Werk
einen Preis von fast eintausend Euro wert sein kann. Mag der "bibliophil veranlagte
Hardcore-Motorsport-Fan" auch dazu neigen, diese Fragestellung nach Möglichkeit
auszublenden, so bleibt dem ökonomisch denkenden Leser noch eine weitere Möglichkeit:
In diesen Tagen kommt die etwas einfacher ausgestattete und auf 488 Seiten und 530
Fotos reduzierte "Bookshop Edition" für etwa 330,- € auf den Markt, die verkürzt das
inhaltliche Spektrum von"Collector's Edition" und "Racing Autobiography" abdeckt.
Inside Track
Phil Hill – Ferrari's American World Champion – His Story, His Photography
– The Collector's Edition 1951 - 1962
– The Racing Autobiography 1927 - 1967
Autoren: Phil Hill, Doug Nye, Steve Dawson, Derek Hill
Verlag: The GP Library, UK, 2017
Format und Umfang: Hardcover, jeweils im Leinenschuber 32 x 32 cm,
The Collector's Edition : 2 Bände, 960 Seiten, 1085 Abbildungen,
The Racing Autobiography: 1 Band, 428 Seiten, 789 Abbildungen
Text: Englisch
Preis: € 950,- (für alle drei Bände)
Vertrieb: www.hortonsbooks.co.uk
ISBN:
978 0 9954739 1 1
978 0 9954739 2 8
978 0 9954739 3 5
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