Angesichts des Niedergangs der großen Prototypen-Klasse LMP1 bei den Sportwagen-Rennen in
der World Endurance Championship und der Konzeptionslosigkeit der Fédération International de
l‘Automobile (FIA) fragt man sich, weshalb es die amerikanischen Veranstalter von
Sportwagenrennen schaffen, hervorragenden Motorsport zu bieten, der erkennbar auch eine
bemerkenswerte Zukunftsperspektive hat. Nun, es war indes nicht immer so, denn zu den Zeiten,
als sich die American Le Mans Series und die GrandAm Series gegenseitig Konkurrenz machten,
war diese Kategorie des Motorsports auch in den USA in eine Krise geraten. Erst die
Zusammenführung der beiden Championate in der IMSA WeatherTech Sportscar Championship
mit der attraktiven und kostengünstigen DPI-Klasse für Prototypen brachte eine Wende zum
Guten. Mit der Wiederbelebung der IMSA Series wurde an eine große Tradition im amerikanischen
Motorsport angeknüpft.
Wer sich für die Entstehung der „International Motor Sport Association“ (IMSA) und deren erste
Blütezeit interessiert, ist mit diesem grandiosen und gewichtigen Buch hervorragend bedient. Die
Autoren Mitch Bishop und Mark Raffauf sind mit der IMSA auf unterschiedliche Weise eng
verbunden. Mitch Bishop ist der Sohn von John Bishop, der die aus dem „Sports Car Club of
America“ (SCCA) hervorgegangene IMSA zusammen mit seiner Ehefrau Peggy und mit dem Vater
der NASCAR Series, Bill France Sr., 1969 gegründet hatte. Mark Raffauf ist seit 1974 für die IMSA
bis hin in leitende Funktionen tätig gewesen und bekleidet noch heute die Funktion eines Senior
Directors.
Das großformatige Buch ist chronologisch in 12 Kapitel untergliedert. Der erste Abschnitt stellt
sich als interessante Zeitreise in die Geschichte der Familie Bishop während der letzten 100 Jahre
dar und verdeutlicht die bereits sehr frühe und intensive Verbindung zur Fliegerei und zum
Motorsport. Anschließend wird auf rund 15 Seiten die Entwicklung der zunächst ausschließlich von
privater Seite betriebenen Rennen mit Sportwagen in den USA unter dem Banner des SCCA
dokumentiert. Angesichts des Interesses mehrerer Automobilwerke an dieser Sparte des
Autosports musste die Organisation der Sportwagenrennen neu geordnet werden. Dies führte
schließlich 1969 zur Gründung der IMSA, deren erste Rennen aber erstaunlicherweise Läufe mit
Fahrzeugen der Formel Ford waren.
Die entscheidende Rolle bei den Rennen der IMSA Series spielten zunächst für lange Zeit die GTFahrzeuge und auch die Tourenwagen. Nicht zuletzt um eine Dominanz der Porsche zu verhindern,
waren anfangs Turbo-Motoren verboten. Nachdem aber die 12 Stunden von Sebring und die 24
Stunden von Daytona als Amerikas größte Sportwagen-Rennen in die IMSA Series aufgenommen
worden waren, musste auch das Regelwerk entsprechend angepasst werden. Der Weg führte in
mehreren Schritten bis zur GTP Klasse, die – grob umschrieben – der Gruppe C entsprach, aber
auf eine Begrenzung des Treibstoffverbrauchs verzichtete. Zweifellos war die Epoche mit diesen
mächtigen Prototypen von 1981 bis 1993 die große Blütezeit der IMSA Series. Die bei den
Gesamtsiegen dominierenden Marken waren Porsche, Jaguar, Nissan und Toyota.
Das Buch deckt diese Ära bis zum Jahr 1989 ab, da sich die Eheleute Bishop in diesem Jahr aus
gesundheitlichen Gründen zurückzogen. Selbst wer meint, sich im US-Motorsport schon ganz gut
auszukennen, wird hier immer wieder neue Informationen entdecken. Mitch Bishop und Mark
Raffauf haben unendlich viel Material gesichtet und ausgewertet, Hintergrundgeschichten ans
Licht gebracht und eigene Erfahrungen einfließen lassen. Ihre Schilderungen beschränken sich
nicht nur auf das Renngeschehen, die teilnehmenden Fahrzeuge und Fahrer, sondern gehen auch
detailliert auf das sich mehrmals verändernde Regelwerk ein und auf die Erwägungen, die zu den
jeweiligen Reglementsänderungen führten. In vielen Kapiteleinschüben befassen sich die Autoren
mit besonders bemerkenswerten Rennwagen der IMSA Series, mit außergewöhnlichen FahrerPersönlichkeiten und auch mit einzelnen Hintergrundaspekten.
Fast wie ein Krimi liest sich das zehnte Kapitel, das die kriminellen Aktivitäten einiger Teamchefs
und Fahrer beleuchtet. Da Motorsport nun einmal teuer ist, hatten sich einige der Beteiligten das
Geld durch Drogenhandel beschafft, so dass die IMSA zeitweise scherzhaft als „International
Marijuana Smugglers Association“ bezeichnet worden war. Den inhaltlichen Abschluss des Buchs
bildet eine siebenseitige Meisterschaftsstatistik, die nicht nur die jeweilige Spitzenkategorie der
IMSA Series abbildet, sondern auch die entsprechenden Unterklassen. Dazu kommen noch eine
Bibliografie und ein Index.
Das alles liest sich überaus spannend, die Texte sind von höchster Kompetenz bis ins letzte Detail
und dazu auch noch abwechslungsreich. Nicht minder begeisternd ist die Illustration. Rund 360
Fotos zeigen die IMSA-Rennen von allen Seiten: Rennaction, fantastische Fahrzeuge, gute FahrerPorträts. Zahlreiche Aufnahmen sind in wirklich großem Format, teilweise doppelseitig, gehalten
und vermitteln eine dichte und prickelnde Atmosphäre. Der Band ist bestens verarbeitet und auf
hochwertigem Mattglanzpapier hergestellt. Ordentliche Englischkenntnisse sind allerdings schon
erforderlich, wenn man den Inhalt dieses Buchs über die herrlichen Bilder hinausgehend genießen möchte.
Thomas Nehlert
IMSA 1969-1989 – The Inside Story of how John Bishop built
the World‘s Greatest Sports Car Racing Series
Autoren: Mitch Bishop, Mark Raffauf
Verlag: Octane Press, USA, 2019
Format, Umfang: Hardcover, 30,5 x 27,5 cm, 372 Seiten, 360 Fotos
Text: Englisch
Preis: € 94,90
ISBN: 978-1-937747-89-3
Vertrieb: RacingWebShop.com
möchte.
IMSA
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